Wissenschaftlicher Dienst: Keine Nichtigkeit der LBEG-Lizenzen für Schleswig-Holstein
Der Wissenschaftliche Dienst des Schleswig-Holsteinischen Landtags hat auf unseren Antrag festgestellt, dass die bis November 2013 vom niedersächsischen Landesbergamt (LBEG) erteilten Aufsuchungserlaubnisse und Bewilligungen betreffend Erdöl und Erdgas rechtswidrig, jedoch nicht nichtig seien.
Auf Anregung der Bürgerinitiative gegen das CO2-Endlager habe ich nachgefragt, ob die Bescheide nicht deswegen nichtig sind, weil sie “eine Behörde außerhalb ihrer durch § 31 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein” (§ 113 LVwG SH). Nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 LVwG ist “in Angelegenheiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, die Behörde, in deren Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt”, örtlich zuständig.
Der Wissenschaftliche Dienst kommt nun zu dem Ergebnis, dass das LBEG die Lizenzen nicht außerhalb seiner örtlichen Zuständigkeit erlassen habe. Er begründet dies wie folgt:
- Die Verbandskompetenz des LBEG für Schleswig-Holstein sei durch Artikel 1, § 1 des Verwaltungsabkommens zwischen den Ländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 22.9./21.12.2008 wirksam begründet worden.
- Einer Regelung der örtlichen Zuständigkeit habe es nicht bedurft. Da die Verordnung über die Bergbehörden des Landes Schleswig-Holstein für das gesamte Land das (nicht mehr existente) niedersächsische Oberbergamt für zuständig erklärte, werde aus der Entscheidung des berufenen Verordnungsgebers ersichtlich, dass für das Land Schleswig-Holstein nur ein Oberbergamt mit der Aufgabenwahrnehmung für das gesamte Land habe betraut werden sollen.
Ich vermag die Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes nicht zu teilen:
- Nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 LVwG war für die Erteilung örtlicher Lizenzen, die sich auf ein ortsgebundenes Recht bezogen, die Behörde, in deren Bezirk das betreffende Gebiet liegt, örtlich zuständig. Schleswig-Holstein lag nicht im Bezirk des LBEG.
- Meines Erachtens konnte ein Verwaltungsabkommen, das weder parlamentarisch ratifiziert noch nur veröffentlicht war, keine Verbandskompetenz des niedersächsischen LBEG für Schleswig-Holstein begründen. Die Erteilung von Lizenzen griff in Grundrechte Dritter ein, so dass die Zuständigkeitsregelung wohl einer gesetzlichen Grundlage bedurfte. Das schleswig-holsteinische Umweltministerium hatte durch Rechtsverordnung das (nicht mehr existente) niedersächsische Oberbergamt für zuständig erklärt, wovon es durch ein bloßes Verwaltungsabkommen nicht wirksam abweichen konnte.
- Die sachlich unzuständige Behörde eines anderen Bundeslands kann für Schleswig-Holstein meines Erachtens auch örtlich nicht zuständig sein (vgl. auch LG Köln, Az. 31 O 717/09). Soweit das Bundesverwaltungsgericht Grundsteuerbescheide der sachlich nicht zuständigen Gemeinde bloß als anfechtbar angesehen hat (Az. 8 C 138.81), findet sich in dem dort einschlägigen § 125 AO keine § 31 Abs. 1 Nr. 1 LVwG vergleichbare Vorschrift über ortsgebundene Rechte.
Letztlich werden wohl die Gerichte entscheiden müssen.
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