Unzureichende Schutzvorkehrungen begünstigen Datenmissbrauch durch Polizeibeamte
Zu der gestrigen Pressekonferenz von Landespolizei und Landeskriminalamt zum Problem des Missbrauchs von Polizeidaten durch Beamte für private Zwecke ist folgendes zu sagen:
Die ‘irritierte bis verärgerte’ Reaktion der Landespolizei auf unsere Kritik ändert nichts daran, dass unzureichende Schutzvorkehrungen hierzulande Datenmissbrauch durch Polizeibeamte begünstigen. Dass es bislang ‘nur’ 59 Verdachtsfälle von Datenmissbrauch gegeben hat, beruht ausschließlich darauf, dass solche Fälle derzeit nur zufällig einmal bekannt werden können, nämlich aufgrund von Hinweisen. Das schützt unsere Daten nicht ausreichend.
Zum Schutz der hochsensiblen Polizeidaten müssen anlasslose Stichprobenkontrollen von Datenzugriffen eingeführt werden. Beim Zoll beispielsweise ist längst Praxis, dass durchschnittlich jede fünfzigste Datenabfrage begründet werden muss und diese Begründungen stichprobenartig überprüft werden.
Außerdem missachtet die Landespolizei seit Jahren die im Datenschutzgesetz vorgeschriebene Protokollierung des Verantwortlichen jedes Datenzugriffs. Es steht dem Innenminister nicht zu, eine Anordnung des Gesetzgebers als angeblich nicht ‘angemessen’ zu ignorieren. Hinzu kommt, dass auch die Suche nach Vorgängen gegen eine Person offenbar nicht protokolliert wird, obwohl schon die Information des Vorliegens von Erkenntnissen gegen eine Person sensibel ist.
Selbst wenn Datenmissbrauch einmal festgestellt wird, ist in Schleswig-Holstein keine Benachrichtigung der Opfer sichergestellt. Die Begründung der Polizei, eine ‘erhebliche Beeinträchtigung der Rechte oder schutzwürdigen Interessen der Betroffenen’ sei ‘nicht erkennbar’, ist vollkommen inakzeptabel. Jeder Bürger hat ein Recht darauf, von einem Missbrauch seiner Daten benachrichtigt zu werden.
Wir haben ein gemeinsames Interesse daran, das Vertrauen in die Polizei und ihre wichtige Arbeit zu stärken. Voraussetzung dafür ist aber, dass gegen Missbrauch dieses Vertrauens endlich wirksame Vorkehrungen getroffen werden. Wir Piraten werden weiter darauf pochen. Wir wollen einen transparenten Staat, keine gläsernen Bürger.
Hintergrund:
Folgende Fälle von Datenmissbrauch wurden allein im Jahr 2012 bekannt:
- Mehrfach wurden polizeiliche Ermittlungsvorgänge gegen die eigene Person oder gegen Verwandte von Beamten eingesehen.
- Ein Polizeibeamter sah aus Neugier polizeiliche Vorgänge aus seiner Nachbarschaft ein, von denen er gerüchteweise erfahren hatte.
- Schriftverkehr per Mail im Nachgang zu einem Widerspruchsbescheid wurde an die Poststelle des Arbeitgebers des Betroffenen gesandt.
- Nach Informationen der SHZ vom 17.11.2012 soll eine Polizeibeamtin den “Hells Angels” zu Kfz-Kennzeichen die Anschrift von verfeindeten “Bandidos” übermittelt haben. Dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
- Nach einem Bericht der Kieler Nachrichten vom 08.08.2012 habe ein Beamter der Kriminalpolizei aus Neumünster seine dienstlichen Befugnisse missbraucht, um Belastungsmaterial für seinen privaten Rechtsstreit gegen einen lästigen Mieter zu beschaffen. Unter Vorspiegelung eines dienstlichen Anlasses habe der Polizeibeamte erfolgreich Daten über das Zahlungsverhalten seines Mieters bei dessen Netzbetreiber angefordert. Inzwischen sei ein Strafbefehl wegen Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz ergangen. Dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
- Laut Kieler Nachrichten durchforstete ein Beamter Dateien, um Munition in einem Sorgerechtsstreit mit seiner Ex-Frau zu sammeln.
Externe Informationen:
Kommentare