Patrick Breyer zum Marschbahnhalt Glückstadt: Finanzausschuss macht sich blind und stumm
Zu der gestrigen Beratung des Finanzausschusses über das Vergabeverfahren der Schienenpersonennahverkehrsleistungen im Netz-West Teil 1 (Fahrzeugbereitstellung 2015 bis 2034) erklärt der Landtagsabgeordnete Patrick Breyer von der Piratenpartei:
Der Finanzausschuss hat sich selbst blind und stumm gemacht, indem er die Zukunft der Bahnlinie Hamburg-Sylt hinter verschlossenen Türen behandelt und für vertraulich erklärt hat. Mit dieser Entscheidung sind Äußerungen über die Sitzung strafbedroht. Wir Abgeordnete dürfen auch keine unabhängige Meinung und Fachverstand über die geheimen Unterlagen einholen, über die wir entscheiden sollen. Wir Piraten lehnen solche Geheimhaltung generell ab, soweit nicht konkrete Geschäftsgeheimnisse betroffen sind. Mögen sich einmal CDU, SPD, Grüne, FDP und SSW öffentlich dazu äußern, wie sie zu dieser Knebelung stehen.
Besonders empörend finde ich es, dass wir Piraten zuerst unter Strafandrohung mundtot gemacht werden, dass nun aber Abgeordnete anderer Fraktionen munter in der Presse aus der Sitzung berichten.[1] Da ich mich nicht strafbar machen will, kann ich die Berichte nicht bestätigen oder dementieren, sondern äußere mich nur für den Fall, dass sie zutreffen sollten:
Dass mit den angeblich gekauften Loks einerseits ein Bahnhalt in Glückstadt nicht möglich sein soll, dass es sich andererseits aber um die modernsten und leistungsfähigsten verfügbaren Loks handeln soll, schließt sich nicht aus. Es ist möglich, dass zwar die besten verfügbaren Loks angeschafft werden sollen, dass mit diesen aber ein Bahnhalt in Glückstadt nicht möglich sein soll (wie die LVS ja schon seit Jahren behauptet).
Der Ausschussbeschluss verbietet mir, offenzulegen, ob eine Abstimmung stattgefunden hat und wie ggf. die Piraten gestimmt haben. Generell spielt bei dem Vergabeverfahren aber nicht nur die Frage des Loktyps eine Rolle, sondern auch die Wirtschaftlichkeit der Vergabe und des gewählten Vergabeverfahrens. Im Netz West werden – anders als in anderen Regionen des Landes – Fahrzeugbereitstellung und Betrieb getrennt vergeben. Nach öffentlichen Unterlagen[2] lag das wirtschaftlichste Angebot über die Fahrzeugbereitstellung über den erwarteten Kosten und wurde deshalb eine Aufhebung des Verfahrens erwogen. Es stellt sich deshalb die Frage, ob das außergewöhnliche Vergabeverfahren im Netz West zu Mehrkosten für das Land führt und dadurch weniger Geld für den Verkehr – etwa für die Anbindung Glückstadts – bereit steht.
Um die Informationsblockade des Finanzausschusses zu durchbrechen, empfehle ich allen interessierten Bürgern, nach dem Informationszugangsgesetz vom Verkehrsministerium Zugang zu den Unterlagen betreffend das Vergabeverfahren zu verlangen. Das Ministerium muss die Unterlagen dann (teilgeschwärzt) herausgeben. Ich bedauere und kritisiere, dass es das nicht schon von sich aus tut. Vom Landtag fordere ich, Vergabeverfahren künftig öffentlich zu behandeln, soweit nicht Geschäftsgeheimnisse betroffen sind. Es darf nicht erneut passieren, dass aus Unkenntnis der Abgeordneten und mangels öffentlicher Überprüfbarkeit einem Exklusivhalt zugestimmt wird, wie es im Fall Glückstadt erfolgt ist (vor der Wahl der Piraten in den Landtag).
Was Glückstadt angeht, fordern wir Piraten weiterhin, einen stündlichen Halt der Marschbahn in Glückstadt in die Ausschreibung verbindlich aufzunehmen, soweit das technisch realisierbar ist. Da SPD, Grüne und SSW einer bloß optionalen Ausschreibung zustimmen wollen, geht es jetzt darum, die potenziellen Bieter (NOB, Nordbahn, DB) zu überzeugen, ein Angebot für den Bahnhalt Glückstadt abzugeben. Hier zähle ich auf den Einsatz und die Überzeugungskraft der Glückstadter. Am nächsten Montag wird sich der verkehrspolitische Beirat der LVS über den Bahnhalt in Glückstadt austauschen. Nachdem die Mitglieder der etablierten Fraktionen öffentliche Sitzungen des Beirats ablehnen, setze ich mich dafür ein, dass zumindest Pro Bahn hinzugezogen wird und sich zur Frage Glückstadts äußern kann.
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