Sexismus- und Rassismusvorwürfe in der Polizeischule Eutin: PIRATEN legen Beweise vor [mit Video]
Im Innen- und Rechtsausschuss haben die PIRATEN heute Beweise für die Sexismus- und Rassismus-Vorwürfe an der Polizeischule Eutin vorgelegt. Bereits vergangene Woche war durch die Piratenfraktion bekannt geworden, dass Polizeianwärterinnen 2014 der Leitung in Eutin offen frauenfeindliche, sexistische und rassistische Äußerungen seitens der männlichen Kollegen gemeldet hatten. Disziplinarische Folgen gab es nicht. Die Akten mit den Vorwürfen wurden geschreddert.
Die heute von den PIRATEN vorgelegten Bilder wurden in einer Whatsapp-Gruppe der Polizeianwärter verbreitet. Darunter eine verharmlosende Darstellung des Einsatzes von Pfefferspray, Pornografie und rassistische Parolen.
Dazu Dr. Patrick Breyer von den PIRATEN: “Diese Belege haben der Behördenleitung bereits Ende 2014 vorgelegen. Der Rechtfertigungsversuch des Innenministers in der heutigen Sitzung war kläglich: Die Aussage, dass die Vorwürfe der Polizeianwärterinnen nicht konkret genug gewesen seien, ist an den Haaren herbeigezogen und ein Schlag ins Gesicht der mutigen Whistleblowerinnen.
Aus dem vorgelegten Whatsapp-Protokoll geht eindeutig hervor, welcher Anwärter wann welche sexistische und rassistische Äußerungen verbreitet hat. Nicht einmal eine Nachfrage bei den Anwärterinnen hat man für nötig gehalten, bevor ihre Vorwürfe in den Schredder gesteckt wurden.
Es wird dem Innenminister nicht gelingen, durch Abwiegeln und die Vernichtung von Akten diesen Skandal zu beerdigen. Aufgrund des heute von uns veröffentlichten Materials erwarte ich unverzüglich eine erneute Prüfung und disziplinarische Ahndung dieses untragbaren Verhaltens.
Nur so wird glaubwürdig signalisiert, dass Sexismus und Rassismus durch Landesbeamte in diesem und in anderen Fällen nicht folgenlos bleiben.
Der Innenminister wird auch zu klären haben, ob die teils pornografischen Bilder sogar minderjährigen Anwärtern und Anwärterinnen ungefragt zugesandt wurden.”
Breyer wies im heutigen Innen- und Rechtsausschuss darauf hin, dass das Verwaltungsgericht Schleswig die Grafik “WEISS HAT FREI & SCHWARZ MUSS ARBEITEN” als rassistisch und seine Verbreitung über Whatsapp als Dienstpflichtverletzung eingeordnet hat (Az. 12 B 14/14).
Dokumentation einiger der über Whatsapp von Polizeianwärtern versandter Bilder (pdf)
Weiterführende Informationen zu den Vorwürfen
Bericht des Schleswig-Holstein-Magazins des NDR
Bericht zum Nachlesen (Auszug)
im Nachgang zur Sitzung am 18.05.2016 übersende ich die Antworten auf die Fragen des Berichtsantrages von MdL Dr. Breyer (Umdruck 18/6095) auf dessen Wunsch in schriftlicher Form.
1. Wenn die Vorwürfe bereits im Frühjahr 2014 begannen, wann wurden sie zum Anlass genommen, Gespräche mit den Verantwortlichen zu führen und wer hat diese geführt? Warum hat dies so lange gedauert?
Antwort:
Die Vorwürfe wurden erst im Dezember 2014 im Rahmen der Darstellung eines Konfliktes mit männlichen Auszubildenden ihrer Ausbildungsgruppe durch die Betroffenen an die Behördenleitung der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung und die Bereitschaftspolizei (PD AFB) herangetragen.
Die betroffenen drei weiblichen Auszubildenden verbanden die Schilderung der Situation und der Vorwürfe mit dem Antrag, in eine andere Ausbildungsgruppe umgesetzt zu werden. Die Behördenleitung hat dann die möglichen Pflichtverstöße der männlichen Auszubildenden aufgegriffen und einer geordneten Prüfung zugeführt. Parallel dazu wurde durch die Dienstvorgesetzten der Fachinspektion Aus- und Fortbildung der PD AFB die Konfliktsituation zwischen den weiblichen und männlichen Auszubildenden bearbeitet.
2. Sind die Antworten der Landesregierung so zu verstehen, dass selbst wenn die Vorwürfe zutreffen, sie juristisch nicht als Disziplinarvergehen eingeordnet und geahndet werden könnten?
Antwort:
Nein.
Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für schuldhaft begangene Dienstpflichtverletzungen werden im Rahmen eines Disziplinarverfahrens aufgearbeitet, wenn sie hinreichend individualisier- und konkretisierbar sind.
3. Nach der Rechtsprechung kann die Weiterleitung rassistischer und menschenverachtender Bilder und Wortbeiträge die Entlassung von Anwärtern rechtfertigen (Verwaltungsgericht Aachen, 1 K 2241/14). Worauf stützt die Landesregierung ihre Rechtsauffassung, im vorliegenden Fall seien selbst mildere Disziplinarmaßnahmen nicht zulässig (Belege)?
Antwort:
Bei der zitierten Rechtsprechung des VG Aachen handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung. Eine Vergleichbarkeit mit dem vorliegenden Sachverhalt ist nicht angemessen.
4. Welche Stelle hat diese Rechtsauffassung zu verantworten? Ist dies die Rechtsauffassung der gesamten Landesregierung?
Antwort:
Die Einschätzung des konkreten Sachverhaltes wurde durch den Leiter der PD AFB als zuständigem Disziplinarvorgesetzten auf Empfehlung der zentralen Disziplinarermittler im MIB getroffen.
5. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen wegen (sexueller) Beleidigung abgelehnt, weil die Strafantragsfrist versäumt worden sei. Schließt es eine disziplinarische Ahndung aus, wenn wegen einer Beleidigung von Kollegen nicht rechtzeitig Strafantrag gestellt wird?
Antwort:
Die Staatsanwaltschaft hat lediglich festgestellt, dass es hinsichtlich möglicher Beleidigungen ein absolutes Prozesshindernis gibt. Eine Ahndung im Disziplinarverfahren ist dadurch grundsätzlich nicht ausgeschlossen.
6. Unabhängig vom konkreten Einzelfall: Stellen die in der Drucksache 18/4111 geschilderten Verhaltensweisen (z.B. Kollegen zur Zielscheibe machen, unverlangte Weitergabe fremdenfeindlicher Parolen an Kollegen) im Fall ihres Nachweises nach Auffassung der Landesregierung disziplinarisch zu verfolgende Dienstpflichtverletzungen von Beamten dar (bitte im Einzelnen erläutern)?
Antwort:
Unterstellt, die geschilderten Umstände wären belast- und nachweisbar, wären diese im Kontext des vollständigen Sachverhaltes mit großer Sensibilität und Sorgfalt zu prüfen, weil rassistische, sexistische und fremdenfeindliche Einstellungen nicht mit dem Berufsbild der Polizeibeamtin / des Polizeibeamten vereinbar sind.
7. Die Landesregierung hält Personen mit nachgewiesener sexistischer und / oder fremdenfeindlicher Einstellung für den Beruf einer Polizeibeamtin / eines Polizeibeamten für „grundsätzlich“ charakterlich ungeeignet. Da dies nur im Grundsatz gelten soll: In welchen Fällen sind Personen mit nachgewiesener sexistischer und / oder fremdenfeindlicher Einstellung als Polizeibeamte geeignet?
Antwort:
Die Verwaltungsgerichte verlangen bei der Einstellung von Auszubildenden für den Beruf der Polizeibeamtin / des Polizeibeamten grundsätzlich eine Einzelfallprüfung, ob es konkret nachweisbare Tatsachen gibt, die auf eine charakterliche Ungeeignetheit schließen lassen. Dieses Erfordernis des konkreten Nachweises entsprechender Tatsachen in jedem Einzelfall kommt im Wort „grundsätzlich“ zum Ausdruck.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Manuela Söller-Winkler
Comments
Interessant-dadurch, dass Sie ja scheinbar Ausschnitte der geschlossenen Whattsapp-Gruppe erhalten haben, wurde doch gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstoßen,oder? Scheinbar ist dies Ihnen als Volljurist aber vollkommen egal.
Ich als Bürger frage mich, ob Ihnen so etwas wie eine Vorverurteilung (Von Beschuldigte reden,obwohl kein Verfahren eingeleitet wurde?!?) oder halt das bewusste Verschweigen einer Straftat (Herausgabe privater Daten an unberechtigte Dritte –> Auszüge dieser Whattsapp-Gruppe wurden ja scheinbar an Sie übergeben) egal sind?
Da sieht man mal wieder, das für die Piraten scheinbar nur das interessant ist, was sie für ihre schmutzigen Aktionen gegen die aktuelle Regierung benutzen kann.
Einfach nur traurig…