Landesregierung zu strafrechtlichen Konsequenzen aus Vorwürfen sexistischen und/oder fremdenfeindlichen Verhaltens von Beamten
Drucksache 18/4571
09.09.2016
Kleine Anfrage des Abgeordneten Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Justiz, Kultur und Europa
Strafrechtliche Konsequenzen aus Vorwürfen sexistischen und/oder fremdenfeindlichen Verhaltens
Vorbemerkung: Ausfluss des Aufsichts- und Leitungsrechts der Landesjustizverwaltungen nach § 147 GVG sind die durch Verwaltungsanordnungen der Länder im Einzelnen ausgestalteten Berichtspflichten der Staatsanwaltschaften gegenüber der Justizministerin oder dem Justizminister. Für Schleswig-Holstein sind diese Berichtspflichten in der Allgemeinverfügung des Ministeriums für Justiz, Arbeit und Europa vom 18. Mai 2007 „Neufassung der Anordnung über Berichtspflichten in Strafsachen (Be- Stra)“ (SchlHA 2007 S. 239) niedergelegt. Danach ist entweder – in den dort unter Ziffer 1 Absatz 1 Buchstaben a) und b) sowie Absatz 2 genannten Fällen – initiativ zu berichten oder auf entsprechende Berichtsanforderung durch die Justizministerin oder den Justizminister, Ziffer 1 Absatz 1 Buchstabe c) der AV vom 18. Mai 2007.
1. Die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht in Lübeck hat die Ermittlungen wegen Vorwürfen sexistischen und/oder fremdenfeindlichen Verhaltens von Polizeianwärtern im Jahr 2015 eingestellt. Der Staatsanwaltschaft bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht liegt eine Beschwerde gegen diese Einstellung vor. a) Seit wann wird die Beschwerde geprüft? b) Wie ist der Bearbeitungsstand? c) Wann ist mit einer Entscheidung zu rechnen? d) Lässt sich das Justizministerium über den Gang des Verfahrens berichten? Wie häufig und in welcher Form?
Antwort zu a) bis d): Der Leitende Oberstaatsanwalt in Lübeck hat der Justizministerin unter dem 10. Mai 2016 initiativ über den Stand der Ermittlungen berichtet. Das vom Fragesteller angesprochene Beschwerdeverfahren war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Der Leitende Oberstaatsanwalt in Lübeck wird dem Ministerium den Sachstand zu gegebener Zeit berichten. Aus Gründen der Wahrnehmung des Aufsichts- und Leitungsrechts besteht derzeit kein Anlass, einen Bericht über den Bearbeitungsstand und den voraussichtlichen Zeitpunkt einer Entscheidung zu erfordern. Im Falle der Beschwerde gegen die Sachentscheidung einer örtlichen Staatsanwaltschaft legt zudem der Generalstaatsanwalt die Akten der Landesjustizverwaltung regelmäßig nur und erst dann zur Entscheidung vor, wenn er der Beschwerde nicht abhilft und der/die Beschwerdeführer/-in gegen den Nichtabhilfebescheid (weitere) Dienstaufsichtsbeschwerde erhebt. Auf die beim Generalstaatsanwalt anhängigen Beschwerdeverfahren nimmt die Landesjustizverwaltung in seit langem geübter Praxis keinen Einfluss. Täte sie es, wäre dies nach § 65 des Ausführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (GVGAG SH) schriftlich zu dokumentieren und dem Landtagspräsidenten beziehungsweise der Landtagspräsidentin mitzuteilen, sobald und soweit dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks möglich ist. Das Ministerium für Justiz, Kultur und Europa möchte auch aus Anlass einer parlamentarischen Anfrage von dieser bewährten Praxis nicht abrücken.
2. Zusätzlich zu den ursprünglichen Vorwürfen besteht inzwischen der Verdacht, dass über die Whatsapp-Gruppe der Polizeianwärter auch einer minderjährigen Polizeianwärterin unaufgefordert Pornografie zugesandt worden sein könnte. a) Welche Staatsanwaltschaft geht diesem Verdacht nach? b) Gegen wie viele Personen richten sich die Ermittlungen? c) Wie ist der Bearbeitungsstand?
Antwort zu a) bis c): Dem Ministerium für Justiz, Kultur und Europa ist über den Stand der Ermittlungen zu diesem Vorwurf noch nichts berichtet worden. Der Leitende Oberstaatsanwalt in Lübeck wird dem Ministerium den Sachstand zu gegebener Zeit berichten. Aus Gründen der Wahrnehmung des Aufsichts- und Leitungsrechts besteht kein Anlass, bereits vorab einen Bericht zu erfordern.
3. Unter dem 18.07.2016 sind die drei ehemaligen Polizeianwärterinnen, welche die Vorwürfe zu 1. gemeldet hatten, von einem Kommunalpolitiker der SPD angezeigt worden nach § 164 (Falsche Verdächtigung), § 153 (Falsche uneidliche Aussage) und § 145d Abs. 1 StGB (Vortäuschen einer Straftat). Die Tochter des Kommunalpolitikers soll einen Klaps auf das Gesäß beim Schwimmunterricht durch einen Polizeianwärter nicht als sexuelle Belästigung „wahrgenommen“ haben. a) Wie ist der Bearbeitungsstand? b) Wann ist mit einer Entscheidung zu rechnen?
Antwort zu a) und b): Dem Ministerium für Justiz, Kultur und Europa ist über den Stand der Ermittlungen zu diesem Vorwurf noch nichts berichtet worden. Die Leitende Oberstaatsanwältin in Kiel wird dem Ministerium den Sachstand zu gegebener Zeit berichten. Aus Gründen der Wahrnehmung des Aufsichts- und Leitungsrechts besteht kein Anlass, bereits vorab einen Bericht zu erfordern.
c) Übernimmt das Land die Kosten einer anwaltlichen Vertretung der Beamtinnen ?
Antwort: Nach den Rechtsschutzrichtlinien des Landes SH kann Beschäftigten des Landes auf Antrag unter gewissen Bedingungen im Einzelfall Rechtsschutz gewährt werden. Ein entsprechender Antrag ist bei der für die Prüfung und Entscheidung zuständigen obersten Dienstbehörde nicht eingegangen.
d) Welche sonstige Unterstützung der Beamtinnen erfolgt oder steht ihnen zur Verfügung?
Antwort: Diese Thematik fällt in den Bereich der Fürsorgepflicht des Dienstvorgesetzten . Den Beamtinnen steht bei Bedarf das gesamte Hilfsangebot der Landespolizei (z. B. Inanspruchnahme des Kirchlichen Dienstes und/oder Psychologischen Dienstes) zur Verfügung.
Quelle
Kommentare