EuG verhandelt über Transparenz von Gerichtsverfahren
Am 5. September verhandelt der EU-Gerichtshof über meine Klage gegen die EU-Kommission auf Herausgabe von Schriftsätzen zur Vorratsdatenspeicherung.
Mit meiner Klage verlange ich Herausgabe der Schriftsätze, mit denen sich Österreich 2009 und 2010 vor dem Europäischen Gerichtshof gegen eine Klage wegen Nichtumsetzung der inzwischen gekippten EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung verteidigte. Österreich zog vor dem Europäischen Gerichtshof schon damals in Zweifel, ob die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mit dem Grundrecht aller Bürger auf Datenschutz vereinbar und gültig ist. Sowohl Österreich als auch die EU-Kommission verweigern die Offenlegung dieser Schriftsätze. Die EU-Kommission meint, die Informationszugangsverordnung sei auf ihr übersandte gerichtliche Schriftsätze Dritter (hier: Österreichs) nicht anwendbar.
Ich halte es für sehr wichtig, dass die Öffentlichkeit in Erfahrung bringen kann, wie unsere Regierungen in wichtigen Gerichtsverfahren (z.B. um die Vorratsdatenspeicherung) argumentieren und sich positionieren. In einer Demokratie ist es wichtig, dass die Staatsgewalt den ihr Unterworfenen (also der Öffentlichkeit) gegenüber rechenschaftspflichtig ist. Dies schließt die Annahme aus, eine staatliche Prozesspartei könne Kritik Dritter an der Ausübung ihrer Staatsgewalt vor Gericht unterbinden. Dies beeinträchtigt die Rechtspflege in einer demokratischen Gesellschaft nicht. Es darf kein Recht auf Kritikfreiheit geben. Öffentliche Gerichtsverfahren sind keine Geheimverfahren.
Schweden und Finnland unterstützen meine Klage als Streithelfer. Im Fall einer günstigen Entscheidung muss die EU-Kommission die Schriftsätze zur Vorratsdatenspeicherung herausrücken und stellt der EuGH für die Zukunft klar, dass gerichtliche Schriftsätze im Besitz der EU-Kommission jedenfalls nach Abschluss des betreffenden Gerichtsverfahrens herauszugeben sind. Dies sorgt für Öffentlichkeit und Transparenz von Gerichtsverfahren – gerade wenn über Massenüberwachungsmaßnahmen wie die Vorratsdatenspeicherung entschieden wird.
Aktuell verweigert die EU-Kommission die Herausgabe der Schriftsätze, mit denen der EU-Rat vor dem Gerichtshof die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vergeblich zu rechtfertigen versucht hat. Zur Begründung heißt es,
dass ihre Verbreitung wichtige Punkte der Position des Juristischen Dienstes des Rates offen legen würde, was eine Beeinträchtigung anhängiger Rechtssachen vor den Verfassungsgerichten in Belgien, Ungarn und der Slowakei nach sich ziehen würde.
Im Klartext: Den Verfassungsgerichten, denen Beschwerden gegen Gesetze zur verdachtslosen Vorratsspeicherung jeglicher Verbindungsdaten vorliegen, sollen die diesbezüglichen Informationen der EU-Mitgliedsstaaten vorenthalten werden. Müssen Verfassungsgerichte vor Informationen geschützt werden?
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