Bestandsdatenauskunft über IP-Adressen wegen Betrug und Beleidigung
In der Öffentlichkeit wird vielfach vermutet, die Bestandsdatenabwehr werde zum Schutz vor terroristischen Straftaten benötigt. Tatsächlich haben die Abfragen zu IP-Adressen mit Terrorismus aber nichts zu tun, wie eine Statistik der Telekom belegt:
- 54% der Bestandsdatenanfragen zu IP-Adressen erfolgten wegen mutmaßlichen Betrugsdelikten.
- 6% der Bestandsdatenanfragen zu IP-Adressen erfolgten wegen mutmaßlicher Beleidigung.
- 6% der Bestandsdatenanfragen zu IP-Adressen erfolgten wegen Ausspähens von Daten.
- In 4% der Fälle ging es um Urheberrechtsdelikte, zu 3% um Darstellungen von Kinderpornografie, zu 1% um Kindesmissbrauch.
Dass Datenabfragen oft zu Unrecht erfolgen, belegt ein aktueller Fall in Augsburg: Im Internetforum der “Augsburger Allgemeinen Zeitung” kritisierte ein Nutzer den Augsburger Ordnungsreferenten und CSU-Bundestagskandidaten Volker Ullrich mit den Worten: “Dieser Ullrich verbietet sogar erwachsenen Männern ihr Feierabendbier ab 20.00 Uhr, indem er geltendes Recht beugt und Betreiber massiv bedroht!” (Ullrich war gegen den Verkauf von Alkohol an Tankstellen nach 20 Uhr vorgegangen.) Durch die Kritik fühlte Ullrich sich beleidigt und erstattete Strafanzeige. Die Zeitung, die Forennutzer bei der Registrierung illegal zur Offenlegung ihres Klarnamens zwingt, löschte den Kommentar, verweigerte der Polizei aber die Herausgabe der Nutzerdaten. Daraufhin wurde eine Beschlagnahme der Daten angeordnet – zu Unrecht, wie das Landgericht Augsburg nachträglich entschied. Die Kritik sei vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt und keine Beleidigung. Bis zu der Entscheidung dürfte der Internetnutzer zu Unrecht Ermittlungen ausgesetzt worden sein. Und dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung wurde ein Bärendienst erwiesen.
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