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20 Jahre 9/11: Stoppt den Grundrechtsterrorismus!

Europaparlament Freiheit, Demokratie und Transparenz

20 Jahre ist der Terroranschlag auf das World Trade Center nun her, der Tausende von Menschen das Leben gekostet hat. Und bis heute leiden wir unter den falschen Reaktionen der Politik.

Aus Angst vor Angriffen hat sich unsere offene Gesellschaft nach dem 11. September 2001 zu einer Misstrauensgesellschaft entwickelt, in der jede:r als potenzielle:r Terrorist:in behandelt und ohne Anlass kontrolliert und beobachtet wird. Ich nenne diesen Sicherheitswahn Grundrechtsterror, denn unsere Grundrechte sollen eigentlich garantieren, dass wir vor solch einer Totalüberwachung geschützt sind.

Die zunehmende elektronische Erfassung und Überwachung der gesamten Bevölkerung bewirkt keinen verbesserten Schutz vor Kriminalität, kostet Millionen und gefährdet die Privatsphäre Unschuldiger.

Datenpannen und -missbrauch sind an der Tagesordnung, immer häufiger werden Menschen zu Unrecht verdächtigt oder sogar wegen falscher Vorratsdaten verurteilt . Sicherheitswahn diskriminiert politische, ethnische und religiöse Minderheiten, weil er alles Abweichende verdächtigt.

Wo Angst und Aktionismus regieren, bleiben gezielte und nachhaltige Maßnahmen zur Stärkung der Sicherheit ebenso auf der Strecke wie das Adressieren wirklicher Probleme (z.B. soziale Ungerechtigkeit).

Hinzu kommt: Wer sich ständig überwacht und beobachtet fühlt, kann sich nicht mehr unbefangen und mutig für seine Rechte und eine gerechte Gesellschaft einsetzen. So entsteht ganz allmählich eine unkritische Konsumgesellschaft bestehend aus Menschen, die „nichts zu verbergen“ haben und dem Staat gegenüber – zur vermeintlichen Gewährleistung totaler Sicherheit – ihre Freiheitsrechte aufgeben. Eine solch starre Überwachungsgesellschaft ist nicht lebenswert!

Exzessive Überwachungsmaßnahmen, sei es als Reaktion auf Terrorismus oder andere Verbrechen, stellen eine ernsthafte Gefahr dar. Es besteht ein sofortiger Handlungsbedarf, um das Gleichgewicht zwischen Freiheit und Sicherheit und damit unser Recht auf Privatsphäre wieder herzustellen.

Um unsere Rechte und Freiheiten zu bewahren und die Effizienz der Strafverfolgung sicherzustellen, fordern wir Piraten, dass nur solche Personen überwacht und deren Daten gespeichert werden dürfen, die im Verdacht stehen, eine Straftat vorzubereiten oder begangen zu haben. Die gängige Praxis, wahllos Informationen über alle zu sammeln, zu speichern und abzugleichen, ohne dass es hierfür einen rechtfertigenden Anlass gibt, ist nicht akzeptabel.

Auch die EU hat in der Vergangenheit zunehmend den falschen Weg eingeschlagen, etwa mit der verdachtslosen Vorratsspeicherung von Flugreisen oder mit der Entwicklung eines „Video-Lügendetektors“. Mit TERREG wurde eine Internet-Schnellzensur gegen „terroristische Inhalte“ eingeführt, unsere Bahn- und Schiffsreisen sollen künftig ohne Anlass gespeichert werden und auch die verdachtslose Vorratsdatenspeicherung unserer Kontakte und Bewegungen ist wieder im Anmarsch. Zuletzt wurde gar die verdachtslose Durchsuchung privater Kommunikation auf verdächtige Inhalte („Kinderpornografie“) erlaubt.

Wir müssen den fortschreitenden Abbau der Bürgerrechte, der inzwischen dramatische Ausmaße angenommen hat, stoppen. Die Gründe dafür erkläre ich mit einem Zitat von Rachel North, die die Terroranschläge auf die Londoner U-Bahn mit Verletzungen überlebt hat:[1]

„Die Freiheit aufzugeben, schützt uns nicht vor dem Terror.“[2] „Wie alle Eltern wissen, ist es nicht immer möglich, geliebte Menschen zu schützen; wer immer sicher ist, kennt keine Freiheit und führt kein Leben. … Keine Regierung kann unsere Sicherheit garantieren, selbst wenn sie uns beobachtet, filmt, unsere E-Mails und Internetnutzung und unsere intimsten Daten durchleuchtet und hunderte von Gefängniszellen mit Menschen fällt, die einer Straftat bloß verdächtigt werden, nicht aber angeklagt sind. …

Dass Terroristen unseren Lebensstil angreifen und versuchen, uns Angst zu machen, um uns zu spalten und unser Verhalten zu verändern, entspricht meiner Erwartung. Von unserer Regierung erwarte ich nicht, dasselbe zu tun, auf die Preisgabe unserer traditionellen Freiheiten hinzuarbeiten und die Arbeit der Terroristen für diese zu erledigen. … Mehr als die Hälfte der Menschen, die wegen Terrorismusvorwürfen festgenommen worden sind, haben sich als vollkommen unschuldig erwiesen. Terrorismusgesetze werden genutzt, um normale Menschen zu belästigen: Dichter und Demonstranten, Köche und Rentner, Studenten, Eltern und Priester. Menschen wie du und ich. …

Wir haben die Wahl: Ob wir uns auf unsere Ängste konzentrieren oder auf unsere Freiheiten. … Ich bete, dass wir den Mut aufbringen, für die Freiheiten einzustehen, die unsere Feinde zerstören wollen und für deren Schutz frühere Generationen ihr Leben gelassen haben. Unabhängig von Parteipolitik, unabhängig von unserem Hintergrund müssen wir bekennen, dass unsere Freiheit unsere Sicherheit ist und dass unsere Freiheiten den Schlüssel dazu darstellen, uns von Ängsten zu befreien, uns atmen, leben, lieben und arbeiten zu lassen wie wir es möchten. … Ich stehe gerne Schulter an Schulter zu Menschen aus dem gesamten politischen Spektrum, in dem Bewusstsein, dass es die Freiheit wert ist, dafür einzustehen, dafür zu kämpfen, dafür zu sterben.“[3]

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