Vorratsdatenspeicherung im Bundestag: EU-Abgeordneter der Piratenpartei fordert Arbeit an echten Lösungen
Der deutsche Bundestag diskutiert heute ab 17:15 Uhr die Wiedereinführung einer anlasslosen Vorratsspeicherung von Internetprotokoll-Adressen aller Bürgerinnen und Bürgern. Mit einem Antrag vom 27. September 2022, der sich auf das damalige Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) vom 20. September 2022 bezieht, forderte die CDU/CSU-Fraktion eine anlasslose sechsmonatige Speicherung von IP-Adressen.
Der Europaabgeordnete und Bürgerrechtler Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei / Greens/EFA) erklärt:
„Vor gerade einmal zwei Wochen hat das Bundesverwaltungsgericht die deutsche Vorratsdatenspeicherung in vollem Umfang für unionsrechtswidrig und damit für nicht anwendbar erklärt – inklusive der Vorschriften zur Internet-Vorratsdatenspeicherung, also der Speicherpflicht für IP-Adressen! Juristisch ist die Vorratsdatenspeicherung nicht nur tot, sondern wurde bereits zwei Meter tief begraben.
IP-Adressen sind wie unsere digitalen Fingerabdrücke. Ihre totale Erfassung würde Kriminalitätsvorbeugung durch anonyme Beratung und Seelsorge, Opferhilfe durch anonyme Selbsthilfeforen und auch die freie Presse gefährden, die auf anonyme Informanten angewiesen ist. Die massenhafte und flächendeckende Aufzeichnung der Internetverbindungen völlig unbescholtener Menschen ist eine totalitäre Maßnahme, die mit den Werten einer freien Demokratie nicht vereinbar ist.
Die Union versucht, ebenso wie Innenministerin Faeser, dieses unnötige Instrument der pauschalen Internetüberwachung unter dem Vorwand des Kinderschutzes wieder auszugraben. Dabei ignorieren sie nicht nur die Erfahrung, dass die 2009 praktizierte IP-Vorratsdatenspeicherung keinen messbaren Einfluss auf die Aufklärungsquote hatte und die Aufklärungsquote bei Internetdelikten bis heute sehr hoch ist. Die Propagandisten der Vorratsdatenspeicherung ignorieren auch echte Lösungen für Kinderschutz.
Wir brauchen endlich eine lösungsorientierte Debatte für wirksamen Kinderschutz, wie sie der Journalist und Darknet-Experte Daniel Moßbrucker mit seinem Buch »Direkt vor unseren Augen – Wie Pädokriminelle im Internet vorgehen und wie wir Kinder davor schützen« führen will. Wir müssen endlich über Dinge sprechen wie konsequentes Löschen von Missbrauchsmaterial, verpflichtende Schutzkonzepte an Schulen, in Sportvereinen und Kirchgemeinden, bessere Unterstützung der Zivilgesellschaft in diesem Bereich sowie kostenfreie und anonyme Beratungsangebote. Massenüberwachung ist einfach und billig, hat mit echtem Kinderschutz aber nichts zu tun.“