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Umfrage zum Digitale-Dienste-Gesetz: EU-Bürger:innen wünschen sich Recht auf Anonymität im Netz

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Internetnutzer:innen sollen ein Recht darauf bekommen, digitale Dienste nach Möglichkeit anonym, d. h. ohne Erfassung ihrer persönlichen Daten, zu nutzen. Nach einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov in neun EU-Staaten befürworten dies 64% der befragten Bürger:innen (21% dagegen).

Nächste Woche stimmen die Abgeordneten des Europäischen Parlaments final über ihre Position zum Digitale Dienste-Gesetz ab. Auf Antrag des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten (LIBE) wird auch über die Einführung eines Rechts auf anonyme Internetnutzung abgestimmt. Das bereits 2020 vom Parlament geforderte[1] Recht auf anonyme Internetnutzung, das den ständigen Datenleaks und Datenmissbrauch im Netz vorbeugen soll, ist in der Abstimmungsvorlage des federführenden Ausschusses IMCO noch nicht enthalten.

Im Zuge der repräsentativen Meinungsumfrage wurden Bürger:innen aus den Niederlanden, Deutschland, Italien, Frankreich, Österreich, Tschechien, Spanien, Schweden und Belgien gefragt, ob sie der Meinung sind, dass Internetnutzer:innen das Recht haben sollten, digitale Dienste anonym, d. h. möglichst ohne Erfassung ihrer persönlichen Daten, zu nutzen oder nicht. Auch unter den deutschen Umfrageteilnehmer:innen besteht große Nachfrage nach einem Recht auf anonyme Internetnutzung (59% dafür, 25% dagegen).

In Auftrag gegeben wurde die Umfrage von dem Europaabgeordneten der Piratenpartei Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei), der die Verhandlungen als Berichterstatter des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) begleitet. Finanziert wurde sie von seiner Fraktion Grüne/Europäische Freie Allianz. Zum Umfrageergebnis erklärt Breyer:

„Auf die ständigen Datenskandale und Datenkriminalität im Netz muss das Europäische Parlament eine Antwort geben und die Bürger:innen besser schützen. Nur gar nicht erst gesammelte Daten sind sichere Daten! Das hat zuletzt das Leak unnötig gesammelter Handynummern von 500 Millionen Facebooknutzern wieder gezeigt. Ein Recht auf Anonymität schützt außerdem verletzliche Personengruppen vor Diskriminierung. Nächste Woche sollte das Europäische Parlament die Chance nutzen, den Bürgerwunsch nach einem besseren Schutz ihrer digitalen Privatsphäre zu erfüllen.“

Hintergrund:

Mit dem Digitale-Dienste-Gesetz hat Europa die Chance, globale Standards zum digitalen Schutz der Bürgerrechte zu setzen.

In den letzten Jahren haben zahlreiche Datenskandale dazu geführt, dass die persönlichen Daten von Nutzern, wie z. B. Privatnummern und Standortdaten, an Kriminelle weitergegeben wurden. Im Jahr 2021 wurden beispielsweise die privaten Telefonnummern von 533 Millionen Facebook-Nutzern in einem Hackerforum veröffentlicht. Facebook hat diese Nummern unnötigerweise gesammelt. Die Daten ermöglichen Straftaten und setzen die Nutzer etwa der Gefahr von SIM-Tausch- und Phishing-Angriffen sowie Stalking aus.

Solche Datenskandale könnten vermieden werden, wenn Nutzerdaten nicht unnötig gesammelt würden. Der LIBE-Ausschuss will im Digitale-Dienste-Gesetz das Recht einführen, digitale Dienste anonym nutzen und bezahlen zu können, wo immer dies vernünftigerweise möglich ist. Die aktuellen Umfrageergebnisse zeigen nun breite Unterstützung für diese Forderung.

[1] Entschließungen des Europäischen Parlaments vom 20. Oktober 2020, https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2020-0273_DE.html, Abs. 18, und https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2020-0272_DE.html, Abs. 37.

Überblicksseite zum Digitale-Dienste-Gesetz