Change language: Deutsch
Teilen:

Transparenz von Grundsatzprozessen: Europaparlament will öffentlichen Zugang zu Dokumenten des EU-Gerichtshofs

Europaparlament Freiheit, Demokratie und Transparenz Pressemitteilungen

Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments (JURI) hat heute einstimmig (17:0) dafür gestimmt, der Öffentlichkeit, der Zivilgesellschaft und den Medien ein Recht auf Zugang zu Dokumenten, Standpunkten und Argumenten zu geben, die in Gerichtsverfahren ausgetauscht werden, vorbehaltlich einiger Ausnahmen. Die Initiative hierfür war von den Europaabgeordneten Dr. René Repasi (SPD) und Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei) ausgegangen. Ob die Änderung Teil der Reform der Satzung des Europäischen Gerichtshofs wird, entscheiden nun die anstehenden Trilogverhandlungen mit EU-Rat und EU-Kommission.

Breyer erklärt: “Die fraktionsübergreifende Zustimmung zeigt, wie groß das Bedürfnis nach einer transparenteren Justiz ist. Vor Grundsatzurteilen mit weitreichenden Folgen sollte die Öffentlichkeit ein Recht darauf haben, die Forderungen unserer Regierungen und Institutionen zu kennen und zu diskutieren. In einer Demokratie, in der Pressefreiheit herrscht, müssen die Mächtigen zur Rechenschaft gezogen werden können. In Zeiten, in denen die EU und ihr Gerichtshof in einer Vertrauenskrise stecken, schafft Transparenz Vertrauen.

Die Einführung eines Rechts auf Informationszugang ergänzt die vom Gerichtshof angestoßene Entlastung und verzögert sie nicht. Die Rechtsprechung zu den Grenzen des Informationszugangs, etwa zum Schutz laufender Beratungen, respektiert unser Vorschlag selbstverständlich.“

18 Organisationen der Zivilgesellschaft haben sich zuletzt für ein Recht auf Informationszugang und eine offene Justiz stark gemacht. In einer gemeinsamen Stellungnahme unter anderem Article19, der Europäischen Journalistenvereinigung EFJ, Lobbycontrol und Access Info Europe heißt es: „Der Zugang zu Gerichtsdokumenten ist eine wesentliche Voraussetzung für Transparenz und Rechenschaftspflicht – beides ist entscheidend für die Schaffung und Aufrechterhaltung des Vertrauens in die Justiz und die demokratischen Prozesse im Allgemeinen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Öffentlichkeit in der Lage ist, die Gründe für gerichtliche Entscheidungen sowie die während des Verfahrens vorgebrachten Argumente einzusehen und zu verstehen.“

Hintergrund:

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gewährt der Öffentlichkeit seit jeher Zugang zu eingereichten Dokumenten. Was den Luxemburger EU-Gerichtshof anbelangt, so kann man bisher nur indirekt Einblick nehmen, indem man die EU-Kommission um Zugang zu Schriftsatzkopien in ihrem Besitz bittet, wobei die Kommission dies sehr restriktiv handhabt.

Die EU ist derzeit dabei, die Satzung des EU-Gerichtshofs zu überarbeiten. Der überlastete EU-Gerichtshof schlägt vor, Vorabentscheidungsersuchen zu bestimmten Materien an das Gericht erster Instanz zu delegieren.

Der Europäische Gerichtshof entscheidet über die Auslegung und Gültigkeit des europäischen Rechts, einschließlich seiner Vereinbarkeit mit den Grundrechten. Wegweisende Gerichtsurteile betrafen beispielsweise die Vorratsdatenspeicherung, Uploadfilter, das Recht auf Vergessenwerden oder den Ankauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (“Euro-Rettungsschirm”).