Sitzungsmarathon für Landtagsabgeordnete: Piraten bescheren Kieler Landtag Überstunden [extern]
Für die Abgeordneten in Schleswig-Holsteins Landtag wird es nächste Woche eine lange Sitzungsrunde. Der Grund: Der Ältestenrat um Landtagspräsidenten Klaus Schlie (CDU) sowie den sechs Fraktionsvorsitzenden, der über die Tagesordnung berät, konnte sich nicht auf eine Kürzung der Agenda verständigen. Laut dem veröffentlichten Zeitplan wird der dreitägige Sitzungsmarathon am nächsten Freitag, dem dritten Sitzungstag, nun bis voraussichtlich 21 Uhr andauern. Üblicherweise vertagen die Abgeordneten Tagesordnungspunkte, die über den üblichen Zeitrahmen hinausgehen, und tagen nur bis Freitagmittag.
Es wird knapp für die Piraten in SH: Laut einer Umfrage im April käme die Partei bei den Landtagswahlen 2017 nur noch auf ein Prozent und droht damit, aus dem Landtag zu fliegen. Mit Ablauf der Legislaturperiode verfallen aufgrund des Diskontinuitätsprinzip jedoch alle Gesetzesvorhaben, die bis dahin nicht beschlossen wurden. Für die Piraten bedeutete dies, dass ein Gros ihrer Anträge damit keine Beachtung finden würde.
Den Auslöser für das toughe Sitzungsprogramm gab der Fraktionsvorsitzende der Piraten Patrick Breyer. Er hatte darauf gepocht, dass zu allen Anträgen seiner Partei öffentlich debattiert wird. „Wir bestehen darauf, dass Missstände wie zum Beispiel die verdeckt mögliche Übernahme von Lobbyisten-Gesetzentwürfen im Landtag erneut zur Sprache kommen, bevor darüber abgestimmt wird“, teilte er in einer Pressemitteilung mit.
In der kommenden Woche wird es deshalb bis in die Abendstunden hinein um das Pensionsalter von Ministern, die Videoüberwachung im öffentlichen Nahverkehr sowie um die Frage, ob externe Anwaltskanzleien das Land bei Gesetzesformulierungen beraten dürfen, gehen. „Überfällige Reformen ohne Diskussion einfach abzulehnen – diese Vogel-Strauß-Politik in Schleswig-Holstein machen wir nicht mit“, so Breyer. „Weshalb das Ergebnis einer offenen Diskussion über diese Missstände überraschend eine ersatzlose Ablehnung unserer Reformvorschläge sein soll, muss beraten werden.“
Zwar kam der Ältestenrat dem Wunsch Breyers nach, setzte die Anträge der Piraten jedoch ans Ende der Agenda. „Dass fast alle unsere Initiativen abweichend von der üblichen Reihenfolge ganz ans Ende der Tagesordnung und auf den späten Abend gesetzt worden sind, zeigt, wie weit man zu gehen bereit ist, um eine öffentlichkeitswirksame Debatte in Anwesenheit der Medien zu verhindern“, konterte der Piraten-Chef. In einem Bericht der Kieler Nachrichten heißt es, dass der Ältestenrat versucht habe, an Breyers Kollegialität zu appellieren, jedoch damit gescheitert sei, ihn von einer Verschiebung der Tagesordnungspunkte zu überzeugen. Breyer habe sich nicht dazu bereit erklärt, Anträge auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Mit seinem Vorgänger Torge Schmidt, der noch bis vor einigen Wochen im Amt war, seien Kompromisse derweil möglich gewesen. „Das ist eine Stilfrage“, sagte ein Mitglied des Ältestenrat gegenüber der Zeitung. Breyer habe Maximalforderungen gestellt, dabei seien Inhalte der Anträge bereits mehrfach diskutiert worden.
Das Mitglied des Ältestenrad deutete an, dass darüber nachgedacht würde, Sitzungen am Donnerstag in Zukunft open end zu gestalten. Dies könne jedoch zu Überschneidungen mit dem Parlamentarischen Abend führen, der traditionell im Anschluss stattfinde – diesmal ein Grillen mit dem Landesfeuerwehrverband in Rendsburg. Der Piraten-Chef machte in diesem Zusammenhang deutlich, dass das Interesse seiner Fraktion nicht in extralangen Sitzungen liege, sondern darin, wichtigen Themen den Raum zu geben, den sie verdienen.