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Rede des Europaabgeordneten Patrick Breyer auf dem Bundesparteitag für die Aufstellung der Kandidatenliste für die Europawahl 2024

Freiheit, Demokratie und Transparenz Reden

Vor fünf Jahren habt ihr mir gar nicht weit von hier in Sömmerda auf der Aufstellungsversammlung die Spitzenkandidatur zur Europawahl anvertraut. Seitdem berichte ich euch regelmäßig von meinen Abenteuern im Zensursula-Land.

Die CDU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hält ja einerseits dienstliche SMS mit dem Pfizer-Chef über Milliardendeals an allen Regeln vorbei geheim, will anderseits aber unsere Privatnachrichten verdachtlos mit unzuverlässigen Verdächtigungsmaschinen durchleuchten lassen.

Sie ist die CDU-Kommissionspräsidentin, deren Wahl wir – auf der Grundlage eures Mitgliedervotums – von Anfang an abgelehnt haben, und ich zitiere aus meiner damaligen Begründung: „Frau von der Leyen ist vielen jungen Deutschen als ‚Zensursula‘ in Erinnerung. Mit einer emotionalen Angstkampagne versuchte sie, ein unwirksames und schädliches Internet-Zensurgesetz durchzusetzen, wobei sie Massenproteste und Kritik aus der Wissenschaft ignorierte. Sie stimmte im Bundestag 2015 für die Wiedereinführung der flächendeckenden Vorratsdatenspeicherung, obwohl der Europäische Gerichtshof diese für unverhältnismäßig befunden hatte. Auf unsere Frage letzte Woche hat sie ein Moratorium für neue Gesetze zur Massenüberwachung abgelehnt. Sie schweigt zu Lobbyismus, Transparenz und Bürgerbeteiligung. Die Piratenpartei hat ihr mit diesem Votum aus all diesen Gründen eine klare Absage erteilt.“

Frau von der Leyen ist die CDU-Kommissionspräsidentin, deren Amtszeit endlich enden muss, die bis dahin aber jede Menge Unheil angerichtet haben wird: weil sie Digitalisierung unkritisch bejubelt, im Profitinteresse der Industrie unsere Daten verheizen will, das digitale Zeitalter als Neuland schlicht nicht verstanden hat – siehe oben: sie verschickt SMS.

Um Edward Snowden zu zitieren: „Es scheint, dass sich die EU-Institutionen in nur zehn Jahren von ‚unserer besten Hoffnung auf einen aufrichtigen Garanten der globalen Menschenrechte‘ in ‚eine autoritäre Kabale, die mit Nachdruck für die weltweite, maschinell erzwungene Einschränkung grundlegender menschlicher Freiheiten eintritt‘, verwandelt.“

Wir Piraten tragen in Brüssel eine enorme Verantwortung, weil wir bei zentralen Digitalgesetzen mit am Verhandlungstisch sitzen können. Um diese Chance zu nutzen, haben wir ein schlagkräftiges Team aufgebaut. An dieser Stelle meinen herzlichen Dank an mein Team, ohne dessen Leidenschaft für digitale Grundrechte unsere politische Arbeit in Brüssel so gar nicht möglich wäre.

Wir Piraten sind besonders, weil wir schon immer eine internationale Bewegung waren.

Und wisst ihr, warum das gerade im Europäischen Parlament so wichtig und so toll ist?

Ich kämpfe jeden Tag gegen freiheitsfeindliche Politik. Zum Glück kann ich mich diesen Kämpfen mit meinen drei tschechischen Piratenkollegen stellen, die mit mir total auf einer Linie sind, wenn es um die Grundwerte der Piraten geht, wie kritisches Denken, das Grundrecht auf Privatsphäre, Meinungsfreiheit, Transparenz und politische Beteiligung.

Diese Werte sind der Grund, warum ich die deutsche Piratenpartei mitbegründet habe. Und diese piratige Zusammenarbeit über  Grenzen hinweg, die politischen Diskussionen, die wir innerhalb unserer Delegation ständig führen, die Entwicklung gemeinsamer Positionen machen unsere politischen Entscheidungen so viel reflektierter und besser, weil wir Gesetze für alle EU-Bürger machen.

Wir Piraten sind wirklich eine internationale Bewegung. …

Bevor ich auf die Zukunft der digitalen Wissensgesellschaft eingehe, ein Geständnis: Im Lichte des Qatargate-Korruptionsskandals, der das öffentliche Vertrauen in die EU tief erschüttert und Antieuropäern weiter Auftrieb gibt, haben wir Piraten nicht viel erreichen können (andere allerdings ebenso wenig). Wir wissen ja seit jeher, dass die EU leider eher im Interesse von lobbymächtigen Konzernen und Regierungen handelt als auf die Bürger zu hören. Wir Piraten haben zwar einen detaillierten Transparenz- und Integritätsplan zur Reform des EP aufgestellt, aber wir sind in den maßgeblichen Ausschüssen nicht vertreten – wir sind eben nur vier Piratenabgeordnete. Was wir aber tun, und zwar nicht nur seit Qatargate, ist uns an die eigene Nase zu fassen und es selbst besser zu machen. Von unseren Delegationssitzungen gibt es öffentliche Protokolle. Mein Terminkalender ist transparent. Die Verwendung unserer Bürokostenpauschale, wird veröffentlicht und zertifiziert.

Wahrscheinlich einmalig haben wir jetzt auch eine öffentliche Open Antrag-Plattform für Anregungen eingerichtet – diese Transparenz und Mitbestimmung gibt es nur bei uns!

Bei der Online-Anti-Terror-Verordnung TERREG konnten wir Medienberichte über Terrorismus oder Kritik daran von Löschpflichten ausnehmen und eine Uploadfilterpflicht verhindern – natürlich Hand in Hand mit Zivilgesellschaft.

Beim Digitale-Dienste-Gesetz DSA durfte ich den gesamten Ausschuss für bürgerliche Freiheiten als Berichterstatter in den Verhandlungen vertreten. Bis zur letzten Verhandlungsnacht forderten wir als Europäisches Parlament: keine Uploadfilter-Pflichten, Recht auf sichere Verschlüsselung, Verbot von Überwachungswerbung. Leider wurden diese Forderungen von der Mehrheit dann aber aufgegeben, weil man um jeden Preis einen Deal abschließen wollte. Immerhin haben wir Schlimmeres verhindert wie Suchmaschinenzensur und das NetzDG durch bessere Regeln abgelöst.

Anders beim Digitale-Märkte-Gesetz DMA: Wir Piraten haben die Interoperabilität von Messengern erkämpft, um das Monopol von Whatsapp aufzubrechen, echte Wahlmöglichkeiten angesichts verbraucherfeindlicher Praktiken zu eröffnen, dezentralen nichtkommerziellen Diensten eine echte Chance zu geben – ohne uns Piraten wäre nicht gekommen, das ist unser Erfolg! Piraten wirken!

„Künstliche Intelligenz“ ist ja meist nur ein Marketingwort für dumme Statistik. Aber beim KI-Gesetz der EU haben wir ganz frühzeitig den Abwehrkampf verlassen und sind in die Offensive gegangen: Wir Piraten haben eine Fraktionskampagne gegen biometrische Massenüberwachung mit durchgesetzt einschließlich Studien, Videos, Computerspiele. Ich konnte EDRi überzeugen, eine Europäische Bürgerinitiative zu starten. Es wurde das Bündnis Reclaim Your Face gebildet, mit dem wir eng zusammenarbeiten. Im Europäischen Parlament haben wir eine fraktionsübergreifende Koalition für ein Verbot biometrischer Massenüberwachung organisiert. Und wir haben erreicht: Das Europäische Parlament will ein ausnahmsloses Verbot von Gesichtserkennung in Echtzeit!

Warum ist diese Gesichtsüberwachung in der Öffentlichkeit so gefährlich? Das ist eine Technik, die nie zur Festnahme eines Terroristen, dafür aber immer wieder zur Festnahme Unschuldiger geführt hat. Treffermeldungen sind zu 99% falsch. Der konservative Versuch zur Legitimierung von Gesichtsüberwachung wurde von der Mehrheit zurückgewiesen – ein echter Erfolg für uns Piraten. Unter Überwachung sind wir nicht frei, sondern passen uns an. Wir wollen in einem freien Europa leben, nicht in einem autoritären China, und auch nicht in einer dystopischen Zukunft à la Minority Report!

Und noch ein Erfolg: Ende letzten Jahres bewilligte das EU-Parlament die Finanzierung zweier Pilotprojekte im Bereich freies Wissen, die ich in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft mit Unterstützung meines Vorgängers Felix Reda vorgeschlagen hatte: 1. Ist ein öffentliches EU-Verzeichnis von Werken in Public Domain und unter freien Lizenzen machbar, um die Nutzung allgemeinfreier Werke zu erleichtern? 2. Wie kann eine Anpassung des Urheberrechts Fernunterricht und Forschung erleichtern? Dass wir Piraten für freies Wissen kämpfen, war noch nie so wichtig wie während der Pandemie, als Schulen und Bibliotheken vielfach geschlossen waren. Uns Piraten ist es zu verdanken, dass die EU sechsstellige Beträge in freies Wissen investiert – Piraten wirken!

Übrigens möchte ich Felix Reda danken, der sich als einzelner Abgeordneter unglaublich verdient gemacht hat um unsere digitalen Rechte und mir bis heute mit Rat zur Seite steht.

Auch bei den Plänen zur Schaffung eines sog. „Europäischen Gesundheitsdatenraum“ sitze ich als Vertreter meiner Fraktion mit am Verhandlungstisch. Geplant ist eine noch radikalere Version der Lauterbach-Pläne, die sich liest wie von der Industrie diktiert: Eine Zwangs-elektronische Patientenakte ohne Widerspruchsrecht, ärztlicher Zugriff auf die komplette Akte ohne Nachfrage beim Patienten, Forschungszugriff durch Industrie und sogar Behördenzugriff ohne Widerspruchsrecht. Die Verfasser haben überhaupt nicht verstanden, wie angreifbar Fernzugriff Patientenakten macht, dass es nur Frage der Zeit ist, bis sie im Netz zirkulieren. Die Verfasser haben nicht verstanden, wie dringend der Wunsch nach Vertraulichkeit einer Therapie ist, und dass Behandlungen zu unterbleiben drohen wenn ihre absolute Vertraulichkeit nicht zu gewährleisten ist (z.B. HIV, Geschlechtskrankheit, Suchttherapie, Psychotherapie). Nur dank mir wird überhaupt über ein „general opt-out“, also ein Widerspruchsrecht gegen diese Super-Patientenakte, gesprochen. Forschung lässt sich sehr wohl schon mit anonymisierten und zusammengefassten Datensätzen und auch einwilligungsbasiertem Datenaltruismus und darauf aufbauenden repräsentativen Samples weitgehend verbessern, ohne dass Patienten übergangen werden müssen. Eine von uns beauftragte Umfrage belegt: Die meisten Patienten wollen vor dem Einblick in ihre Patientenunterlagen gefragt werden, und dafür kämpfen wir Piraten! Um die Parlamentsposition wird zurzeit noch gerungen, bitte unterzeichnet die Petition um uns zu unterstützen.

Und jetzt zur Chatkontrolle, mit der das Ende des digitalen Briefgeheimnisses und sicherer Verschlüsselung droht, mit der Durchleuchtung persönlicher Cloudspeicher die Massenüberwachung privater Fotos, mit verpflichtender Altersverifikation das Ende anonymer Kommunikation, mit Appstore-Zensur der Ausschluss junger Menschen von den meisten Apps.

Chatkontrolle ist das in der freien Welt einzigartige Projekt der drei großen Schwestern: der Wiederholungstäterin Zensursula, der EU-Überwachungskommissarin Johansson, die sich mit „ihrem“ Gesetz ein Denkmal setzen will, und der Bundesüberwachungsministerin Faeser, die mit serverseitiger verdachtsloser Nachrichten- und Chatkontrolle unzuverlässige Verdächtigungsmaschinen auf alle loslassen will, die sich nicht durch Verschlüsselung selbst schützen können.

Wer das digitale Briefgeheimnis zerstört, zerstört Vertrauen. Auf Sicherheit und Vertraulichkeit privater Kommunikation sind wir alle angewiesen: Menschen in Not, Missbrauchsopfer, Kinder, die Wirtschaft und auch Staatsbehörden. Junge Menschen sehen sich durch die Chatkontrolle nicht geschützt, sondern bedroht, belegt auch eine von uns beauftragte Umfrage.

Wir Piraten sind der Widerstand gegen die Chatkontrolle. Mein Team hat den Begriff „Chatkontrolle“ erfunden – und dass Befürworter in Brüssel ihn hassen, zeigt, wie wirksam er ist. Ich habe einen Campaigner beauftragt, um den Widerstand europaweit zu vernetzen. Wir haben einen Meme-Wettbewerb gemacht. Wir übersetzen Videos, bitte nehmt unsere Merch mit und verteilt sie. Wir Piraten sind die politische Speerspitze der Verteidiger des digitalen Briefgeheimnisses in der Zivilgesellschaft und werden auch als solche wahrgenommen. Und während andere es sich einfach machen und auf aussichtslosem Posten als kleine Minderheit auf die Chatkontrolle einprügeln, habe ich es geschafft, die Fraktion zu überzeugen, versuche ich am Verhandlungstisch, eine Mehrheit zu überzeugen, dass eine ungültige Verordnung keinem Kind hilft. Rechtsgutachten unterstützen uns. Wir haben noch ein Gutachten eines ehemaligen EU-Richters in Pipeline. Ich habe bereits Klage eingereicht.

Wir Piraten werden gebraucht, um das Grundrecht auf digitales Briefgeheimnis zu retten!

Die Kampagne nimmt an Fahrt auf Aber wir müssen stärker mobilisieren und brauchen eure Unterstützung. Und wir müssen den Widerstand europaweit organisieren.

Eben weil die europaweite Zusammenarbeit so entscheidend ist, möchte ich unsere neue Europaliste übrigens nach Brüssel zur Aktivistenkonferenz „Freedom not Fear“ im Herbst einladen.

Wir Piraten sind in der EU die Experten in Digitalpolitik. Bei uns sitzen die Digitalexperten in der ersten Reihe, nicht in der zweiten. Unsere digitale Expertise ist unser Alleinstellungsmerkmal, da sind wir das Original, da macht uns keiner was vor! Hier wirken wir Piraten – und diese Erfolge gibt es nur mit uns Piraten in Brüssel. Deshalb ist unsere Botschaft ganz klar: Uns Piraten gibt es noch – wir werden heute gebraucht wie nie zuvor – und deshalb muss unser Einsatz für Menschenrechte im digitalen Zeitalter weitergehen!

Seit ihr mir die Kandidatur anvertraut habt, habe ich vier Jahre diesen digitalen Freiheitskampf in Brüssel geführt, werde das auch bis nächstes Jahr mit aller Entschlossenheit und Leidenschaft tun und mit aller Überzeugung.

Es gibt seit der Wahl allerdings jemanden, der mein Leben ganz schön auf den Kopf stellt – meinen Sohn. Nachdem ich jetzt vier Jahre lang unsere politische Zukunft an die erste Stelle gestellt habe, muss ich jetzt dieser neuen Verantwortung gerecht werden und mich deshalb dieser neuen, mehr ins Private zielenden Tätigkeit widmen. Und in diesem Sinne gebe ich die Fackel der Freiheit weiter.

Ich habe keinen Zweifel, dass ihr die besten Nachfolger wählen werdet, um unseren digitalen Freiheitskampf in Europa weiterzuführen und noch besser mit voller Kraft zu führen. Unsere Partei hat hervorragende Talente. Als Gründungsmitglied ist mir auch wichtig, den Weg für ein jüngeres Gesicht unserer Partei frei zu machen, das unsere Werte vielleicht auch noch sympathischer vermitteln kann als ich.

Ich bin überzeugt: 2024 haben wir Piraten beste Chancen für ein stärkeres Ergebnis. So viel macht uns Mut: Gewählt wird ohne Sperrklausel. 16-jährige dürfen erstmals wählen. Wir haben eine starke Bilanz. Wir sind skandalfrei. Und ihr könnt euch sicher sein, dass ich den Wahlkampf nach Kräften unterstütze, und zwar natürlich als Pirat, weil wir Piraten die größte digitale und internationale Bewegung für Menschenrechte im Zeitalter der digitalen Revolution sind, und meine Zeit im EU-Parlament hat mich davon nur weiter überzeugt!

Trotzdem ist wahr: Die meisten Menschen haben noch nie von uns auch nur gehört. Das ist eine Chance, die wir nutzen müssen, und da sind alle von uns gefragt.

Genauso wie unsere Arbeit in Brüssel ist der Wahlkampf Teamsache. Wir können diese Wahl nur gemeinsam gewinnen. Da müssen alle an Bord und an einem Strang ziehen.

Die Europawahl 2024 ist Schicksalswahl für unsere Partei. Sie entscheidet politisch darüber, ob wir weiterhin bei entscheidenden EU-Gesetzen wie ePrivacy, TERREG, Gesundheitsdaten oder Chatkontrolle am Verhandlungstisch sitzen, unsere Grundrechte verteidigen und unsere digitale Gesellschaft im Sinne der Netzgemeinde mitgestalten können – oder ob unsere Stimme in Europa und in der öffentlichen Wahrnehmung verstummt. Das dürfen und das werden wir nicht zulassen! Freut euch nicht zu früh, ihr großen Schwestern in Brüssel und Berlin!

Was wir aus Brüssel beitragen können und wollen sind z.B. eine geplante Broschüre mit unseren Erfolgen, ein Bilanzierungsvideo, aber auch eine Zusammenstellung von Abstimmungsgrafiken, denn Taten zählen mehr als schöne Worte.

Wer verteidigt eigentlich unsere Rechte in Brüssel?

Vielleicht die SPD, die eingebrochene Wahlergebnisse mit geklauten Sitzen kleiner Parteien kompensieren will? Und Europol aufzurüsten, um dessen illegale Massendatensammlung über Unverdächtige zu legalisieren – da ist die SPD gerne mit dabei.

Die FDP, die zuerst digitalisiert und dann nachdenkt, die unter dem Mantra des „Bürokratieabbaus“ auch vor einem Digitalisierungszwang nicht zurückschreckt wie bei der Einmalzahlung für Studierende? Die FDP hat den Anspruch einer Bürgerrechtspartei und ist beim Kampf gegen die Chatkontrolle sicher ein guter Verbündeter. Aber die drohende Auslieferung des Wikileaks-Gründers Julian Assage ist für sie kein Thema,

sie gibt dem EU-Ausland direkten Zugriff auf unsere Bestandsdaten, Verbindungsdaten, Standortdaten und Inhaltsdaten,

sie lässt mithilfe fehleranfälliger Gesichtserkennung europaweit Polizeidatenbanken durchsuchen. Mit einem Überwachungsmoratorium, wie wir es wollen, hat das nichts zu tun!

Ob Abfragen unserer Internet-Nutzungsdaten eines Richterbeschlusses bedürfen sollen, weiß die FDP nicht so genau.

Ein Recht auf anonyme Nutzung und Bezahlung digitaler Dienste, das uns vor Datenklau und Cyberkriminalität schützen könnte, lehnt die FDP rundheraus ab.

Auch das EU-Verbot anonymer Websites unterstützt die FDP.

Die FDP ist der Mark Zuckerberg der Politik: Immer wenn es darum geht, Konzernprofite gegen die Interessen der Bürger abzuwägen, gilt „Profite first.“ Die FDP hält nichts davon, dass die AGB der Internetkonzerne Meinungs- und Pressefreiheit respektieren müssen

oder Internetanbieter Zugang auch ohne Zustimmung zu Überwachungswerbung gewähren sollen.

Dass Konzerne unzuverlässige Uploadfilter nur auf Inhalte anwenden dürfen, die unabhängig von ihrem Kontext illegal sind, um Overblocking zu verhindern, findet ihre Zustimmung nicht.

Übrigens lehnt die FDP Überwachungswerbung und Microtargeting dann nicht ab, wenn sie sich für ihren politischen Vorteil nutzen lässt.

Und ihr Freiheitsverständnis schließt ein, dass Banken die Zerstörung unserer Wälder finanzieren dürfen und Küken kostengünstig geschreddert werden.

Wer verteidigt denn dann unsere Rechte in Brüssel? Etwa die AfD-Hetzpartei, die die EU abschaffen will, gleichzeitig aber trotz des Qatarqate-Korruptionsskandals die Kostenpauschale der Abgeordneten weiter unkontrolliert verwenden will,

die den Zugriff auf unsere Daten durch 66 ausländische Staaten nicht vom Europäischen Gerichtshof überprüfen lassen wollte,

und auch eine Abstimmung über das Verbot anonymer Websites nicht für nötig hielt,

die vermeintliche Partei des kleinen Mannes, die sich in Wahrheit für Privatjets in der Energiekrise stark macht

und Antibiotika lieber für Massentierhaltung verbraten will als für kranke Menschen?

Wer verteidigt unsere Rechte in Brüssel? Die Grünen, die sich einer Meinung zur Wahl von Zensursula zur Kommissionspräsidentin enthalten haben? Die anonyme Zahlungen und Spenden in Kryptowährungen ab dem ersten Euro verboten haben, obwohl Enthüllungsplattformen wie Wikileaks oder Regierungskritiker Nawalny anonyme Spenden brauchen?

Die Grünen, die Veröffentlichungen auf Pornoplattformen nur noch gegen Angabe einer verifizierten Handynummer erlauben wollten mit der absehbaren Folge von Datenleaks, Erpressung von Promis, Bedrohung/Stalking von Sexarbeiter:innen?

Die Grünen, die eine Beschädigung der Demokratie durch eine Sperrklausel zur Europawahl und als Folge millionenfachen Stimmenverfall in Kauf nehmen, wenn es um das unrealistische Prestigeprojekt von transnationalen Listen zur Europawahl geht?

All diese Probleme bestehen genauso bei der Linken: keine anonymen Zahlungen mehr, Zwangsidentifizierung.

Schützt die PARTEI vielleicht unsere Rechte, die im EU-Parlament gar nicht erst versucht Einfluss zu nehmen? Martin Sonneborn macht gute Aufklärungsarbeit aus Brüssel und es sollte das als Fernsehsendung geben, aber bei der Europawahl wählen wir doch nicht unser Entertainmentprogramm zusammen, das ist doch nicht Aufgabe eines Parlaments!

Schützt Volt unsere Rechte, die unsichere und manipulationsanfällige Wahlen über das Internet befürworten? Was für ein Geschenk an Putin das wäre! Das sind keine Digitalisierungsexperten.

Wir sehen: Wir Piraten sind die einzige Partei, deren zentrales Anliegen die Menschenrechte im digitalen Zeitalter sind und für die das nicht nur Verhandlungsmasse ist. Die einzige Partei, bei der digitale Aktivisten und Experten das Führungspersonal stellen und nicht nur in zweiter Reihe mitlaufen.

Wir Piraten würden niemals, sobald wir in Verantwortung kommen, Massenüberwachung zustimmen. Wenn der Preis des politischen Erfolgs ist, so seinen eigenen Werten in den Rücken zu fallen, dann bin ich stolz darauf, in einer kleinen Partei zu sein, die aber Rückgrat hat und die für unsere Rechte kämpft!

Wir Piraten verstehen, dass die digitale Revolution totale Massenüberwachung, Kontrolle, Zensur und Manipulation möglich macht. Und damit droht sich allmählich eine Gesellschaft angepasster Konsumenten zu entwickeln, die in ständiger Angst leben und einander misstrauen. Um es mit Edward Snowden zu sagen: In so einer Welt wollen wir nicht leben! Wir sehen der Zerstörung unseres digitalen Lebensraums durch den polizeilich-industriellen Komplex nicht zu! Wir Piraten werden als glaubwürdige und klare Stimme der Internetnutzer:innen und der digitalen Menschenrechte in Brüssel gebraucht, als parlamentarischer Arm der Netzgemeinde und der Bürgerrechtsbewegung, das ist und bleibt unsere Verantwortung!