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Praktikanten im Landtag – Akademiker arbeiten für 80 Euro im Monat | SPIEGEL [extern]

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Wer beim Land Nordrhein-Westfalen ein Praktikum macht, muss mit sehr wenig Geld auskommen, in Schleswig-Holstein meist sogar ganz ohne. Die Regierungen verstoßen massenhaft gegen die eigenen Grundsätze.

Die SPD wirbt gern mit dem Begriff “Gute Arbeit” für sich: Arbeit, die nicht kaputtmacht, die anerkannt und fair bezahlt wird – dafür will sie sich starkmachen. Deswegen hat sie in den vergangenen Jahren unter anderem den Mindestlohn durchgesetzt.

Wie sieht es aber dort aus, wo SPD-Politiker selbst Arbeitgeber sind, zum Beispiel in Ministerien von Ländern, die sie regieren? Zum Beispiel bei Praktikanten?

Die Piratenpartei ist der Frage in zwei Bundesländern nachgegangen, mit parlamentarischen Anfragen in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen. Die Antworten sind nicht schön, auf unterschiedliche Weise. Kurz: Nordrhein-Westfalen bezahlt alle gleich schlecht, Schleswig-Holstein meist gar nicht.

Die Ergebnisse für Schleswig-Holstein:

In den Jahren 2014 und 2015 hat Schleswig-Holstein 2841 Praktikanten beschäftigt, darunter waren 226 freiwillige Praktika, die nicht fester Bestandteil eines Studiums oder einer Ausbildung sind.
Aber: Die meisten Dienststellen im Land zahlen gar keine Vergütung, nur 223 Praktikumsverhältnisse wurden vergütet – nicht einmal zehn Prozent. Diese Gruppe ist allerdings nicht deckungsgleich mit den freiwilligen Praktika.

Die Ergebnisse für Nordrhein-Westfalen:

In Nordrhein-Westfalen wurden 2014/15 insgesamt 397 Praktikanten beschäftigt. Davon waren 89 Praktika freiwillig.
Das Land zahlt keine Vergütung, sondern eine “Aufwandsentschädigung nach Kabinettsbeschluss vom 20.12.2011”. Im Klartext: 80 Euro pro Monat für jeden. Für die Pflichtpraktikanten ist das ein kleiner Trost, denn sie haben keinen gesetzlichen Anspruch auf Geld und könnten schlimmstenfalls komplett leer ausgehen. Für die freiwilligen Praktikanten ist das mehr als mickrig. Und dauert ihr Praktikum länger als drei Monate, ist es in den meisten Fällen sogar gesetzeswidrig, denn dann steht ihnen der gesetzliche Mindestlohn zu, 8,50 Euro pro Stunde.
Patrick Breyer, Piratenpolitiker in Schleswig-Holstein, spricht von “erschreckendem Missbrauch”: In seinem Bundesland würden “junge Menschen systematisch für unbezahlte Praktika ausgebeutet”, was “in vielen Fällen gesetzeswidrig” sein dürfte.

Freiwillige Praktika sollten nicht länger als drei Monate dauern und mit mindestens 300 Euro im Monat vergütet werden, fordert Breyer. Wer ein abgeschlossenes Studium oder eine Berufsausbildung hat, sollte gar nicht als Praktikant beschäftigt werden. “Die 80-Euro-Regelung in Nordrhein-Westfalen ist unglaublich. So etwas kennen wir aus keinem anderen Bundesland”, sagt er.

Keine Verbesserung zu erkennen

Frustrierend: Bereits vor zwei Jahren stellte Breyer eine ähnliche Anfrage. Natürlich schwanken die Zahlen etwas, aber im Prinzip hat sich nichts geändert. Man darf davon ausgehen, dass es in anderen Ländern ähnlich aussieht. Eine Umfrage von SPIEGEL ONLINE Ende 2013 zeigte, dass zehn der 16 Landesparlamente ihren Praktikanten kein Geld zahlen; viele Bundesministerien handhaben es genau so.

Die Forderungen Breyers decken sich in vielen Punkten mit der Praktikumsrichtlinie der deutschen Bundesländer. Die ist für die Länder allerdings nicht verbindlich, sie können eigene, abweichende Regelungen treffen. Zudem ist darin nicht festgehalten, wie viel Geld Pflichtpraktikanten bekommen sollen. Ein gesetzlicher Anspruch auf Geld bestehe nicht, heißt es da; wenn man ihnen etwas bezahle, müsse die Vergütung “angemessen” sein.

Eine Zahl oder ein Berechnungsmodus wird dort nicht definiert. Hier lohnt ein Blick in die Praktikantenrichtlinie des Bundes: Sie empfiehlt mindestens 300 Euro für Pflichtpraktika. Freiwillige Praktika sollen gemäß beiden Papieren mit dem Mindestlohn oder noch besser entlohnt werden, wenn sie länger als drei Monate dauern.

Schleswig-Holstein plant offenbar keine eigene Richtlinie, Nordrhein-Westfalen begnügt sich mit seinem fünf Jahre alten Kabinettsbeschluss. Für die Praktikanten beider Länder heißt das: Es geht weiter wie bisher.
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  • Patrick Breyer

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