Präambel in der Landesverfassung: Gottesbezug in SH: Neuer Kompromiss von 29 Abgeordneten | shz.de [extern]
Im Ringen um einen Gottesbezug in der Präambel der Landesverfassung gibt es einen neuen Kompromissvorschlag. Er stammt von 29 Abgeordneten aller Fraktionen. Der Entwurf hebt vor allem den Toleranzgedanken hervor und betont die „Unvollkommenheit menschlichen Handelns“. Damit habe sich die Chance für eine Zweidrittel-Mehrheit im Parlament erhöht, sagte SPD-Fraktionschef Ralf Stegner am Donnerstag. Noch im Juli soll das Parlament darüber beraten. Für eine Verfassungsänderung sind mindestens 46 der 69 Stimmen im Parlament nötig.
Besonders Nichtgläubige und Menschen, die eine Trennung von Staat und Religion befürworten, sehen in einem Gottesbezug einen Rückschritt. Dadurch würde Religion nicht als Privatsache gehandhabt. Zudem sei ein Bekenntnis zu einem Gott nicht deckungsgleich mit einem Bekenntnis zu friedlichem Handeln.
In dem mittlerweile vierten Vorschlag heißt es, die Verfassung schöpfe „aus dem kulturellen, religiösen und humanistischen Erbe Europas und aus den Werten, die sich aus dem Glauben an Gott oder aus anderen Quellen ergeben“. In einem von Stegner und seinem Fraktionskollegen Martin Habersaat vorgelegten Papier war zuvor noch von „anderen universellen Quellen“ die Rede.
Die Fraktionen lassen ihren Abgeordneten in dieser Gewissensfrage freie Hand. Widerstand gibt es in allen Fraktionen – selbst in der Union. „Wir haben noch Überzeugungsarbeit bei mindestens zwei Abgeordneten zu leisten“, sagte Fraktionschef Daniel Günther.
Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben sagte: „Ich finde es besonders wichtig, in unruhigen Zeiten ein Zeichen für Religionstoleranz zu setzen.“ Das habe auch nichts mit der Trennung von Kirche und Staat zu tun. Allerdings gibt es auch in ihrer Fraktion Widerstand gegen den Gottesbezug.
Vor dem nun vorgelegten Kompromiss und dem Vorstoß von Stegner und Habersaat hatte es bereits zwei andere Vorschläge gegeben, darunter einen von damals 31 Abgeordneten unterstützten Vorschlag ebenfalls mit Gottesbezug. Der FDP-Abgeordnete Ekkehard Klug und acht weitere Parlamentarier setzen dagegen auf eine Formulierung, die auf den Europäischen Verfassungsvertragsentwurf von 2004 zurückgreift – ohne direkten Gottesbezug.
Für die Aufnahme eines Gottesbezugs in die Landesverfassung hatte eine Volksinitiative im vergangenen Jahr mehr als 42.000 Unterschriften gesammelt und die erneute Befassung des Parlaments mit dem Thema durchgesetzt. Der Landtag hatte die Verfassung im Oktober 2014 geändert, wobei die für einen Gottesbezug nötige Zwei-Drittel-Mehrheit damals nicht zustande kam.
Der Sprecher der Volksinitiative und ehemalige Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) begrüßte die neue Initiative: „Wir sind außerordentlich dankbar dafür, dass Abgeordnete aller Fraktionen sich für einen Gottesbezug einsetzen. Das ist ein starkes Signal und zeigt, dass wir schon jetzt viel erreicht haben.“ Die Präambel dürfe niemanden ausschließen. „Dieses Ziel wird mit der neuen Formulierung erreicht. Sie bringt religiöse und nicht-religiöse Menschen in einer gemeinsamen Formel zusammen und macht die Grenzen menschlichen Handelns bewusst.“
Zu den Unterstützern gehören auch die SSW-Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering und der Piratenabgeordnete Wolfgang Dudda. Sein Fraktionschef Patrick Breyer lehnt den Gottesbezug aber ab. „Mit immer neuen Wortklaubereien versucht Herr Dr. Stegner zu verschleiern, dass er gegen den Willen der überwältigenden Mehrheit der Schleswig-Holsteiner unsere Verfassung auf eine religiöse Grundlage stellen will“, sagte Breyer.
Der Innen- und Rechtsausschuss will sich am 13. Juli damit befassen. In der Landtagssitzung vom 20. bis 22. Juli soll dann endgültig über eine neue Präambel abgestimmt werden. Und wenn es keine Zweidrittel-Mehrheit gibt? „Dann ist das Thema zunächst mal zu Ende“, sagte Stegner.
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von dpaerstellt am 07.Jul.2016 | 15:46 Uhr
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