Piraten: Gesetz zur Digitalisierung des Gesundheitswesens ist rücksichtslos und diskriminierend
Der Europaabgeordnete der Piratenpartei Dr. Patrick Breyer, digitaler Freiheitskämpfer und Mitverhandler des europäischen Pendants des heute beschlossenen Gesetzes zur Digitalisierung des Gesundheitswesens, kritisiert das deutsche Gesetz:
„Dass künftig ohne Zustimmung der Bürger all ihre Behandlungen und Krankheiten in einer fernabrufbaren elektronischen Patientenakte zusammengeführt und weitergegeben werden sollen, hebelt im Profitinteresse des ‚Pharmastandorts‘ Deutschland das Arztgeheimnis aus. Das Arztgeheimnis schützt uns davor, dass wir aus Scham oder Sorge um unseren Ruf z.B. vor einer Paartherapie oder Entzugstherapie zurückschrecken. Mit dem heutigen Tag geht das Arztgeheimnis für alle verloren, die sich nicht wehren oder nicht wehren können – ein rücksichtsloses und gerade Sozialdemokraten unwürdiges Vorgehen. So sensible Informationen wie sexuelle oder psychische Krankheiten und Störungen gehen auch behandelte Ärzte nicht ungefragt etwas an.
Minister Lauterbach weiß genau, dass Widerspruchsrechte eine faire Wahlmöglichkeit nur vortäuschen, kaum genutzt werden und diskriminieren. Für viele Patienten, die nicht privilegiert sind, die wenig Zeit haben, deren Sprachkenntnisse oder Bildung begrenzt sind oder die älter sind, ist es eine zu hohe Hürde, bei einer bestimmten Behörde oder digital aktiv widersprechen zu müssen. Jede Webseite fragt uns nach unserer Einwilligung, aber ausgerechnet unsere Patientenakten sollen ohne unsere Zustimmung der Industrie offen stehen? Nach einer Umfrage in meinem Auftrag wollen 74% der Bürgerinnen und Bürger vor der Weitergabe ihrer Patientenakte an Forscher um Einwilligung gefragt werden. Das fordert auch die Helsinki-Erklärung des Weltärztebundes.
Die Piratenpartei plant, eine geeignete Unterstützung zur Aufklärung und einfachen Ausübung der Widerspruchsrechte zur Verfügung zu stellen. Für uns muss die Kontrolle jedes Menschen über sein Privatleben einschließlich seiner Gesundheit im Mittelpunkt der Gestaltung der digitalen Revolution stehen, nicht das Profitinteresse der Industrie.“