Patrick Breyer über die Chatkontrolle: Um die Sicherheit von Kindern im Internet zu gewährleisten, brauchen wir einen neuen Ansatz!
Der konservative Berichterstatter Javier Zarzalejos hat heute im federführenden Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments seinen Berichtsentwurf und seine Änderungsvorschläge zur geplanten “Chatkontrolle” vorgestellt. Zarzalejos kritisierte auch die Bezeichnung “Chatkontrolle”, die Breyer dem Vorschlag gegeben hat.
Dr. Patrick Breyer, Europaabgeordneter der Piratenpartei, Verhandlungsführer der Grünen/Europäischen Freien Allianz und langjähriger Gegner einer verdachtslosen Chatkontrolle, schlug in seiner heutigen Rede einen einvernehmlichen, neuen Ansatz für das geplante Gesetz vor:
“Lieber Javier, liebe Kollegen und Kolleginnen,
der Vorschlag der Kommission zur Chatkontrolle ist beispiellos in der freien Welt. Er spaltet Kinderschutzorganisationen, Missbrauchsopfer, andere Interessengruppen und sogar politische Gruppen in diejenigen, die so viel wie möglich von diesem Vorschlag umsetzen wollen, in der Hoffnung, dass wir dadurch weltweit führend im Kinderschutz werden, und diejenigen, die den Vorschlag ganz ablehnen wollen, weil sie sagen, dass die Chatkontrolle uns weltweit zum Vorreiter in Sachen Massenüberwachung macht, Kindern schadet und die Anonymität beseitigt.
Hier ist die gute Nachricht: Wenn wir – wenn Sie – sich für einen einvernehmlichen Ansatz entscheiden, bei dem nur die Teile des Vorschlags beibehalten werden, über die wir uns alle einig sind, aber einvernehmlich neue sinnvolle Ansätze hinzugefügt werden, bin ich überzeugt, dass wir Kinder viel besser schützen können, wir können eine Aufhebung vor Gericht vermeiden, wir können einen Konsens in der Gesellschaft und eine breite Mehrheit im Parlament erreichen – stellen Sie sich vor, was für ein Signal der Einigkeit das wäre!
Dafür brauchen wir einen neuen Ansatz:
◦ Wir müssen die problematischen Chatkontrollanordnungen strikt auf Personen beschränken, die mutmaßlich an CSEM beteiligt sind. Nur so kann vermieden werden, dass die Verordnung vor Gericht aufgehoben wird und für Kinder überhaupt nichts erreicht wird. Der Berichtsentwurf geht in die richtige Richtung, aber er setzt noch nicht um, was alle unabhängigen Rechtsexperten zu der Notwendigkeit sagen, Personen auszunehmen, die mit der sexuellen Ausbeutung von Kindern überhaupt nichts zu tun haben.
◦ Das Gleiche gilt dafür, dass wir unsere persönlichen Geräte nicht zu Scannern pervertieren dürfen, um Verschlüsselung zu umgehen.
◦ Wir müssen eine ungezielte “freiwillige Aufdeckung” und ein “Metadaten-Scanning” durch die Industrie vermeiden, von denen sogar die Kommission abrät, weil sie ineffektiv sind und das vorgeschlagene System der verbindlichen Aufdeckungsanordnungen untergraben.
◦ Wir müssen verpflichtende Altersüberprüfungen streichen, um das Recht auf anonyme Kommunikation zu schützen und eine App-Zensur für die junge Generation zu vermeiden.
◦ Stattdessen sollten wir spezifische Maßnahmen vorschreiben, um Dienste durch ihre Gestaltung sicherer zu machen – das ist echte Prävention. Wir werden dazu Vorschläge unterbreiten.
◦ Anstatt zu versuchen und daran zu scheitern, CSEM über Zugangsanbieter oder Suchmaschinen zu blockieren, sollten wir es für Hoster und Strafverfolgungsbehörden zur Pflicht machen, gemeldetes CSEM an der Quelle zu entfernen – kaum zu glauben, dass der Vorschlag dies nicht vorsieht.
◦ Das EU-Zentrum braucht einen neuen Schwerpunkt auf Prävention, Opferhilfe, Forschung und bewährte Verfahren für die Strafverfolgung.
◦ Auch Ihr Berichtsentwurf enthält vielversprechende Ideen wie ein beratendes Opferforum und ‚Datenschutz, Sicherheit und Prävention durch Technik und durch Voreinstellungen‘.
Lassen Sie uns also, liebe Kolleginnen und Kollegen, zusammenarbeiten, um einen neuen Ansatz zu entwickeln, der die sexuelle Ausbeutung von Kindern im Internet wirklich verhindert und gleichzeitig die Rechte der Kinder, die Rechte der Opfer und die Grundrechte aller Menschen wahrt.”