Kita-Geld in SH: Streit um Albig-Brief: Die Opposition wittert eine Kampagne | shz.de [extern]
Kiel | Der Brief von Ministerpräsident Torsten Albig an 68.000 Eltern von Krippenkindern sorgt weiterhin für beachtlichen Wirbel und für Irritation in der Koalition. In dem Brief hebt Albig die Vorzüge des neuen Krippengelds hervor und fordert die Eltern auf, den Zuschuss von monatlich 100 Euro für die Fremdbetreuung von unter Dreijährigen zu beantragen. Seine Kritiker werfen ihm Wahlwerbung vor, da das Schreiben nicht aus er zuständigen Behörde, sondern direkt aus der Staatskanzlei verschickt wurde.
Die jüngste Aktion der Staatskanzlei „zur Wahlkampfunterstützung der SPD“ zeigt nach Ansicht von FDP-Chef Wolfgang Kubicki, dass der Ministerpräsident „in seinem Amtsgebaren nur noch peinlich ist“. Albig tue so, als ob er den 100-Euro-Kita-Zuschuss „aus seiner Privatschatulle zur Beglückung der Menschen bezahlt“. Tatsächlich werde diese 23-Millionen-Euro-Maßnahme, für die der Landtag und nicht der Ministerpräsident verantwortlich zeichnet, aus den Steuermitteln finanziert, die auch die jungen Familien vorher zahlen mussten. Das umstrittene 10.000 Euro teure Imagevideo und die jetzige Aktion beweisen laut Kubicki: „Der Mann besteht nur aus Verpackung ohne jeden Inhalt.“ Wer meine, dass Schleswig-Holsteiner auf solch billige Tricks hereinfallen, der habe den Kontakt zur Wirklichkeit längst verloren.
Auch für die Piraten ist Albigs Brief, „ein offensichtlicher Versuch, Wähler zu kaufen.“ Die SPD des Ministerpräsidenten setze im Wahlkampf „auf einen Überbietungswettbewerb der Wahlversprechen, nur um den Wähler nach der Wahl wieder fünf Jahre lang zu ignorieren“, vermutet Fraktionschef Patrick Breyer.
Der schärfste Protest kommt allerdings erneut von der CDU. „Was wir in diesen Tagen erleben, ist eine an Dreistigkeit nicht zu überbietende Gemeinschaftskampagne von Staatskanzlei, SPD-Landtagsfraktion und SPD-Parteizentrale“, empört sich Fraktionschef Daniel Günther und spricht von einem „schamlosen Machtmissbrauch des Ministerpräsidenten“. Der parallel veröffentlichte Entwurf des SPD-Wahlprogramms und eine Presseerklärung der Flensburger SPD-Abgeordneten Simone Lange zum selben Thema setze „dem Ganzen die Krone auf und ist der sichere Beweis, dass sich hinter dem Albig-Brief eine von langer Hand vorbereitete SPD-Kampagne verbirgt“. Eine solche Vermischung von Exekutive und Legislative habe er noch nicht erlebt, betonte der CDU-Fraktionsvorsitzende. Lange hatte am Wochenende mitgeteilt, das 2270 Flensburger Eltern den Brief bekommen, in dem Albig außer dem monatlichen 100-Euro-Zuschuss für jedes Krippenkind weitere Schritte ankündigte, „um in spätestens zehn Jahren die vollständige Beitragsfreiheit für die Kinder zu erreichen“.
Günther will nun von Albig und der Staatskanzlei wissen, was die Werbeaktion gekostet hat und welche weiteren Abgeordneten von der Staatskanzlei Zugang zu den Datensätzen der Eltern bekommen haben.
Die SPD hält das Ganze für einen Sturm im Wasserglas. Der Vorwurf, es handle sich um eine „Gemeinschaftskampagne von Staatskanzlei, SPD-Landtagsfraktion und SPD-Parteizentrale“ sei absurd, teilte Fraktionschef Ralf Stegner mit. Offenbar gerate die Union angesichts ihrer Führungskrise in Panik und arbeite mit Unterstellungen.
Die Grünen sind weiterhin verschnupft über den Alleingang des Ministerpräsidenten. Nachdem am Wochenende schon der Abgeordnete Rasmus Andresen unverhohlen seinen Unmut über den Albig-Brief kundtat, pflichtete ihm gestern auch die grüne Landtagsabgeordnete Anke Erdmann bei. Solch ein Begleitschreiben mit den Antragsformularen für das Krippengeld sei nicht falsch. „Mit der Umsetzung bin ich nicht in jeder Hinsicht zufrieden“, erklärte sie. Überrascht war man in der Fraktion offenbar, dass SPD-Abgeordnete eingeweiht waren, die Grünen vom Schreiben aber nichts wussten.
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von Margret Kioszerstellt am 18.Okt.2016 | 06:49 Uhr
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