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Innenministerkonferenz: Vorratsdatenspeicherung in Deutschland und EU stoppen!

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In einem offenen Brief an die deutsche Innenministerkonferenz fordern 13 Organisationen heute ein Ende der anlasslosen und massenhaften Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten der Bürgerinnen und Bürger. Der Europaabgeordnete und Bürgerrechtler Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei/Fraktion Grüne/EFA) kommentiert:

„Das massenhafte Sammeln von Informationen über die alltägliche Kommunikation und die Bewegungen von Unverdächtigen stellt einen beispiellosen Angriff auf unser Recht auf Privatsphäre dar und ist die übergriffigste Methode der Massenüberwachung der eigenen Bevölkerung. Es muss endlich etwas für wirksamen Kinderschutz getan werden: Kinderschutzbeauftragte, Kinderschutzprogramme, kompetente und schnelle Ermittlung – Massenüberwachung dagegen ist keine Lösung. Die anhaltende Verletzung von Grundrechten durch Beibehaltung illegaler Vorratsdatenspeicherung, der regierungsseitige Druck auf Richter und das Ignorieren der Fakten ist ein Angriff auf den Rechtsstaat, den wir stoppen müssen!”

Kinderschutz statt Massenüberwachung

Im Vorfeld der Innenministerkonferenz wird Vorratsdatenspeicherung in Zusammenhang mit dem Thema Kinderschutz gefordert. Die Massenüberwachung von Millionen unschuldigen und Ermittlungsarbeit gegen Kriminelle sind allerdings getrennt zu betrachten: In einer Antwort auf eine schriftliche Frage veröffentlichte die Bundesregierung am 24. Januar 2022 statistische Daten des Bundeskriminalamts nach denen nur 3 % alle Fälle der „Nutzung, des Handels oder der Verbreitung von Kinderpornographie in den Jahren 2017 bis 2021“ aufgrund nicht vorhandener IP-Adressen nicht weiter verfolgt werden konnten. Der EU-Abgeordnete Patrick Breyer forderte im März 2022: „Statt Massenüberwachung braucht es gezielte Ermittlung, Schutz- & Präventionskonzepte an Schulen, kirchlichen Einrichtungen etc.“  Im April 2022 kritisierte gegen-missbrauch e.V. (Verein für Betroffene, Partner & Gegner von sexuellem Kindesmissbrauch) die Forderung nach Vorratsdatenspeicherung: „(…) das Problem ist nicht die [Vorratsdatenspeicherung], sondern, das[s] die Ermittlungsbehörden vom Personal und der Ausstattung noch im 19. Jahrhundert sind, und Täter:innen tatsächlich im Jahr 2022“.

Vorratsdatenspeicherung trifft unschuldige Bürgerinnen und Bürger

Die systematische  und massenhafte Speicherung von Verbindungs- und Standortdaten erlaubt das Erstellen von umfangreichen Bewegungs- und Verhaltensprofilen wovon vorwiegend unschuldige Bürgerinnen und Bürger betroffen sind.

2021 erläuterte der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, warum eine IP-Vorratsdatenspeicherung völlig ungeeignet zum Schutz von Kindern wäre.

In Rechtsgutachten aus April 2022 stellt der ehemalige EU-Richter Prof. Dr. iur. Vilenas Vadapalas fest, dass nationale Sicherheit kein Freifahrtschein für Massenüberwachung ist und, dass auch “gezielte Vorratsdatenspeicherung” in sehr großen und unbestimmten geografischen Gebieten grundrechtswidrig ist, wie die Online-Karte des EU-Abgeordneten für Deutschland deutlich macht. In einer Stellungnahme kritisiert der EU-Abgeordnete Patrick Breyer unter anderem die geplante „gezielte“ Vorratsdatenspeicherung im neuen Gesetzentwurf für Vorratsdatenspeicherung in Belgien. Diese Form der Vorratsdatenspeicherung wird in einem geleakten Arbeitspapier der Europäischen Kommission aus Juni 2021 vorgeschlagen, das unter anderem auch Pläne für verdachtslose und flächendeckende IP-Vorratsdatespeicherung enthält.

Mit dem Koalitionstracker von Fragdenstaat.de können Bürgerinnen und Bürger die Umsetzung des Koalitionsvertrags bei der Vorratsdatenspeicherung verfolgen, in dem eine rechtssichere und anlassbezogene Lösung vereinbart wurde. Bundesjustizminister Marco Buschmann hatte im Februar auf Twitter geschrieben: „Wir werden die #Vorratsdatenspeicherung, die bei uns im Gesetz steht, in ihrer heutigen Form beenden, weil wir in ihr einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte sehen.“

Weitere Informationen zum Thema Vorratsdatenspeicherung auf der Themenseite Vorratsdatenspeicherung.