Frankreich verlängert illegale Vorratsdatenspeicherung der gesamten Bevölkerung
Mit einem heute bekannt gewordenen Erlass hat die französische Premierministerin Élisabeth Borne die Vorratsdatenspeicherung von Kommunikationsdaten aller Bürgerinnen- und Bürger in Frankreich um ein weiteres Jahr verlängert.
Die pauschale Speicherpflicht betrifft u.a. die Verbindungsdaten (IP-Adressen, Port-Nummern, Identifikationsnummern der Nutzer:innen und ihrer Geräte, Datum, Uhrzeit und Dauer jeder Kommunikation, Daten zu von Zusatzdiensten und ihren Anbietern) sowie die Standortdaten der elektronischen Kommunikation der gesamten Bevölkerung. Anbieter sind verpflichtet, diese Daten ihrer Kund:innen für 12 Monate aufbewahren.
Begründet wird die Anordnung zur Massenspeicherung mit einer aktuellen und ernsthaften Bedrohung der nationalen Sicherheit des Landes, Details und Belege dafür wurden nicht veröffentlicht. Der Erlass tritt am 21. Oktober 2022 in Kraft und gilt für ein weiteres Jahr.
Der EU-Abgeordnete Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei) kommentiert:
„Massenüberwachung widerspricht den europäischen Werten von Demokratie, bürgerlichen Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit. Anlasslose Überwachung jeder Art stellt die Bevölkerung unter Generalverdacht. Frankreich beruft sich zu Unrecht auf eine Ausnahme, die der Europäische Gerichtshofs im Falle einer konkreten Bedrohung der nationalen Sicherheit gewährt. Der bloße Verweis auf ein dauerhaftes, allgemeines Sicherheitsrisiko rechtfertigt keine Massenüberwachung, wie ein ehemaliger Richter in einem Rechtsgutachten bestätigt.
Die französische Regierung macht die Ausnahme des EU-Gerichts zur Regel. Die nationale Sicherheit ist aber kein Freifahrtschein für Massenüberwachung. Jede Form der anlasslosen Überwachung ist ein Merkmal autoritärer Regime.
Dennoch droht auch Deutschland diesen Weg einzuschlagen. Aktuell beharrt Innenministerin Nancy Faeser (SPD) auf der Einführung einer anlasslosen und generellen Speicherung der Internet-Verbindungsdaten aller Bürger:innen. Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat mit dem anlassbezogenen Quick Freeze-Verfahren eine bessere Alternative vorgeschlagen. Anlasslose Speicherpflichten haben in Demokratien keinen Platz. Sowohl der Koalitionsvertrag als auch das Wahlprogramm der FDP schließen explizit jede Form der anlasslosen Speicherung der Kommunikationsdaten der Bevölkerung aus, und dabei muss es bleiben.“