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Europaabgeordneter: NDR-Untersuchungsbericht attestiert absolutes Führungsversagen der Kieler Chefriege

Pressemitteilungen (SH)

Im Skandal um Vorwürfe politisch gefilterter Berichterstattung beim NDR Schleswig-Holstein hat der Sender gestern einen vom Intendanten beauftragten Untersuchungsbericht veröffentlicht. Obwohl der NDR-Redaktionsausschuss den Verdacht politisch motivierter Einflussnahme auf Berichterstattung über den CDU-Ministerpräsidenten nicht ausgeräumt sieht, hatte die interne Untersuchung lediglich „einzelne tagesaktuelle Entscheidungen“ zum Gegenstand und diese zum Teil „kritisch“ bewertet. Kritisiert wird allerdings die Praxis der Kieler NDR-Führung, Beschwerden von Amtsträgern über kritische Berichterstattung an die Autoren weiter zu geben statt sie zurückzuweisen. Bezüglich der umstrittenen Kieler NDR-Führungskräfte Thormählen, Lorentzen und Stein und ihres Führungsverhaltens bestätigt der Bericht, bei Konflikten im Fernsehbereich sei eine „hierarchische Herangehensweise“ mit „wenig Einbindung der Kolleginnen und Kollegen“ und „kaum erkennbare[r] Bereitschaft, die eigene Position in Gesprächen oder Konferenzen kritisch zu hinterfragen“, „typisch“. Im Ressort „Politik und Recherche“ gebe es „keine gute Basis für vertrauensvolle Zusammenarbeit“.

Der Kieler Europaabgeordnete und ehemalige Landtagsabgeordnete Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei) erklärt:

„Übereinstimmend mit dem letzte Woche bekannt gewordenen Mitarbeiterbrief beschreibt der Bericht absolutes und jahrelanges Führungsversagen der Kieler NDR-Chefs Thormählen, Lorentzen und Stein. Sie haben die Berichterstattung selbstherrlich von oben gesteuert und auch auf interne Führungsumfragen, Kritik oder den alarmierenden Bericht des Redaktionsausschusses keinerlei Verständnis, Kritikfähigkeit oder Besserungsbereitschaft erkennen lassen. Dadurch haben sie in der Redaktion ein Klima der Angst geschaffen, das eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihnen unmöglich macht. Der Forderung des Kommunikationswissenschaftlers Prof. Klaus Meier, das Führungspersonal müsse ausgewechselt werden, kann ich mich nur anschließen, weil erst ein personeller Neuanfang an der Spitze den Weg für strukturelle Reformen frei machen kann. Zu den nötigen Reformen gehört, dass im Bereich Politik und Recherche keine befristeten und freien Mitarbeiter eingesetzt werden sollten, weil diese sich Standhaftigkeit bei Versuchen der Einflussnahme kaum leisten können.“

Zum Vorwurf politisch gefilterter Berichterstattung erklärt Breyer:

„Unter der Kieler NDR-Führung wurde wiederholt versäumt, CDU-belastenden Vorgängen nachzugehen (Absägen eines Ministers durch den Ministerpräsidenten, Trunkenheitsfahrt, Amigo-Vorwürfe gegen Landtagspräsidenten). Gleichzeitig gelten Funkhauschef und Chefredakteur als CDU-Männer und verweigern eine Offenlegung ihrer Parteimitgliedschaft. Mir drängt sich in dieser Situation der Anschein politisch motivierter Einflussnahme auf. Dass CDU-Mitglieder über Berichterstattung oder Nichtberichterstattung über ihre eigene Partei entscheiden und diese steuern, ist inakzeptabel. Dass der Untersuchungsbericht dazu bloß empfiehlt, ‚den Anschein von zu großer Nähe zu vermeiden‘, ist völlig unzureichend. Es braucht eindeutige Ausschlussregeln.“