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EU-Innenminister:innen unterstützen verpflichtende Chatkontrolle für alle Smartphones

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Beim Treffen der EU-Innenminister:innen im slowenischen Brdo haben sich die Regierungsvertreter:innen heute für die verpflichtende Durchleuchtung unserer privaten Kommunikation ausgesprochen. In der Abschlusserklärung der von der slowenischen Ratspräsidentschaft einberufenen zweitägigen Konferenz begrüßen die Teilnehmer:innen den nach mehrfacher Verschiebung für Anfang 2022 geplanten Gesetzesentwurf der EU-Kommission. Darin sollen Anbieter von Messengern wie Whatsapp und von Emaildiensten dazu verpflichtet werden, verschlüsselte und unverschlüsselte Kommunikation, Privatnachrichten und Fotos, automatisch auf verdächtige Inhalte zu durchsuchen und anzuzeigen.

Dr. Patrick Breyer, Europaabgeordneter für die Piratenpartei Deutschland, kommentiert:

„Noch-CSU-Innenminister Seehofer hat jeglichen Respekt und Anstand vor privaten Nachrichten und Fotos verloren. Der Überwachungswahn der EU-Innenminister macht nicht einmal vor unserer persönlichen Korrespondenz und unseren privaten Fotos Halt. Unsere Smartphones sollen zu einer Wanze umfunktioniert werden.

Eine solche Massenüberwachung praktizieren bisher nur totalitäre Regimes wie Chinas. Sollen als Nächstes auch alle Briefe geöffnet und gescannt werden? Mit einer verpflichtenden Chatkontrolle werden alle EU-Bürger:innen unter Generalverdacht gestellt. Zur Verhinderung von Missbrauch führt dieses Stochern im Nebel fast nie und treibt Kriminelle nur weiter ins Darknet, wo eine Verfolgung noch schwerer ist.

Ich rufe alle Europäer:innen jetzt dazu auf, sich gegen dieses beispiellose Vorhaben zur Wehr zu setzen. Dass unser Widerstand gegen das Vorhaben Früchte zu tragen beginnt, erkennt man daran, dass die Kommission ihre totalitären Pläne bereits ein ums andere Mal nach hinten verschieben musste. Aber Zensursula und StasYlva ficht das nicht an.“

Hintergrund: Nach dem Willen der EU-Kommission sollen alle Smartphones künftig verschlüsselte Nachrichten und Fotos vor dem Versand auf verdächtigen Inhalt kontrollieren. Unverschlüsselte Kommunikation soll beim Anbieter durchleuchtet werden. Schlägt der Algorithmus an, soll vollautomatisch eine Anzeige an die Polizei erstattet werden. Zur Begründung wird die Suche nach Kinderpornografie genannt. Jedoch melden die bisher nur von US-Anbietern genutzten fehleranfälligen Algorithmen nach Angaben der Schweizer Bundespolizei zu 86% unbescholtene Bürger.

Die EU-Kommission bekommt für ihre Pläne seit Wochen Gegenwind (negativer Ausgang einer öffentlichen Konsultation, weltweite Proteste gegen Apples vergleichbare Spyphone-Pläne, parteiübergreifender Abgeordnetenbrief). Bisher reagiert sie aber nur durch wiederholte Verschiebung des Gesetzentwurfs, der inzwischen nicht mehr wie zuvor in der Terminliste für den 1. Dezember angekündigt wird. Ylva Johansson, EU-Kommissarin für Inneres, kündigte nun einen entsprechenden Entwurf für Anfang 2022 an.

Breyer ruft auf seiner Homepage zu Protestanrufen bei der EU-Kommission auf und sucht nach klagewilligen Missbrauchsopfern, die besonders auf Vertraulichkeit angewiesen sind: chatkontrolle.de