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EU-Bürgerbeauftragte rügt Untätigkeit der EU-Kommission beim Datenschutz

Freiheit, Demokratie und Transparenz Juristisches Piratenpartei

Auf Beschwerde des Themenbeauftragten der Piratenpartei für Datenschutz Patrick Breyer rügt die EU-Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly, die EU-Kommission habe ohne nachvollziehbare Begründung behauptet, die EU-Richtlinie zum Datenschutz bei Telekommunikationsdiensten sei in Deutschland korrekt umgesetzt. Konkret kritisiert O’Reilly die Untätigkeit der EU-Kommission gegen die “freiwilligen Vorratsdatenspeicherung” durch Telefon-, Handy- und Internetprovider in Deutschland, gegen die Nichtumsetzung europäischer Cookie-Vorgaben und gegen Beschränkungen beim E-Mail-Marketing.[1]
Der Beschwerdeführer Patrick Breyer fordert nun die EU-Kommission auf, das von ihm schon 2011 beantragte Vertragsverletzungsverfahren speziell gegen die ‘freiwillige Vorratsspeicherung’ von Telefon-, Handy- und Internetverbindungsdaten in Deutschland einzuleiten: “Unter dem Deckmantel der ›Störungserkennung‹ werden Kommunikationsdaten in Wahrheit genutzt, um Internet-Anschlussinhaber wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen millionenfach abzumahnen und um tausendfach Auskünfte an Sicherheitsbehörden zu erteilen, die Unschuldige der Gefahr eines falschen Verdachts aussetzen (z.B. Funkzellenabfragen, Bestandsdatenauskünfte). Die EU-Kommission muss endlich gegen diese europarechtswidrige ‘kleine Vorratsdatenspeicherung’ einschreiten. Sie ist auch deswegen so gefährlich, weil nicht einmal die Nutzungsbeschränkungen der geplanten ‘großen Vorratsdatenspeicherung’ für diese Daten gelten (Datenweitergabe auch für Abmahnzwecke oder zur Verfolgung von Bagatellstraftaten).”
[1] Die Entscheidung der Bürgerbeauftragten im Wortlaut (englisch)
Anlage: Zusammenfassung der Entscheidung auf deutsch

1. Laut Bundesnetzagentur dürfen Telefon-, Handy- und Internetzugangsanbieter zur “Erkennung von Störungen” anlasslos sämtliche Verbindungsdaten, Standortdaten und IP-Adressen sieben Tage lang auf Vorrat speichern.
Unter dem Deckmantel der ›Störungserkennung‹ werden die Kommunikationsdaten in Wahrheit genutzt, um Internet-Anschlussinhaber wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen millionenfach abzumahnen und um tausendfach Auskünfte an Sicherheitsbehörden zu erteilen, die Unschuldige der Gefahr eines falschen Verdachts aussetzen (z.B. Funkzellenabfragen, Bestandsdatenauskünfte).
Die EU-Richtlinie 2002/58 zum Datenschutz in der Telekommunikation erlaubt den Anbietern die Speicherung von Verkehrsdaten nur “in Einzelfällen”, “um technische Versehen oder Fehler bei der Übertragung von Nachrichten zu ermitteln”.
Die Bürgerbeauftragte rügt nun, dass die EU-Kommission ohne nachvollziehbare Begründung behauptet hat, das deutsche Recht entspreche der EU-Richtlinie. Tatsächlich sieht § 100 Absatz 1 TKG gerade keine Beschränkung der Datenspeicherung auf Einzelfälle” vor. Das hat der Bundesgerichtshof im Streit um die Vorratsspeicherung von IP-Adressen entschieden. Daraufhin ist Verfassungsbeschwerde eingelegt worden, die noch anhängig ist.
Die EU-Kommission muss nun endlich gegen diese europarechtswidrige “kleine Vorratsdatenspeicherung” einschreiten. Sie ist auch deswegen so gefährlich, weil die Beschränkungen der geplanten “großen Vorratsdatenspeicherung” für betriebliche Daten nicht gelten (Datenweitergabe auch für Abmahnzwecke oder zur Verfolgung von Bagatellstraftaten).
2. E-Mail-Werbung ist deutschen Telekommunikationsunternehmen in weiter gehendem Umfang erlaubt als nach der EU-Richtlinie zugelassen. Unter anderem fordert die EU-Richtlinie, dass Werbung nur für “eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen” versandt werden darf und dass Kunden “die Möglichkeit erhalten [müssen], eine solche Nutzung ihrer elektronischen Kontaktinformationen bei deren Erhebung und bei jeder Übertragung gebührenfrei und problemlos abzulehnen”. Das ist in Deutschland in § 95 TKG nicht umgesetzt.
Die Bundesregierung und ihr folgend die EU-Kommission behaupten, die EU-Richtlinie sei im UWG korrekt umgesetzt. Dies lässt aber außer Acht, dass § 95 TKG eine vorrangige Regelung für die Telekommunikationsbranche darstellt, was die Bundesnetzagentur ausdrücklich bestätigt hat.
Deswegen rügt die Bürgerbeantragte nun, dass die EU-Kommission nicht nachvollziehbar dargelegt hat, warum eine ordnungsgemäße Umsetzung vorliegen soll.
Die EU-Kommission muss jetzt endlich gegen die deutschen Regelungen zur E-Mail-Werbung in der TK-Branche vorgehen.
3. Außerdem ist – wenngleich die Bürgerbeantragte mir in diesem Punkt leider nicht gefolgt ist – die Cookie-Richtlinie bis heute in Deutschland nicht umgesetzt. Entgegen der EU-Vorgaben gibt es in Deutschland keine Regelung, dass Cookies nur mit Einwilligung gesetzt werden dürfen. Cookies können zur Verfolgung von Nutzern und zur Erstellung von Nutzerprofilen verwendet werden.

Foto: CC-BY-NC-ND-2.0 Europäisches Parlament

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