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Digitale Dienste-Gesetz: Industrie- und Regierungsinteressen setzen sich gegen digitale Bürgerrechte durch

Europaparlament Freiheit, Demokratie und Transparenz Pressemitteilungen

Nach 16-stündiger Diskussion haben sich die Verhandler der Europäischen Parlaments und der EU-Regierungen soeben auf ein neues Digitale Dienste-Gesetz der EU geeinigt und letzte Streitpunkte beseitigt. Der Europaabgeordnete der Piratenpartei Dr. Patrick Breyer saß als Berichterstatter des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten (LIBE) am Verhandlungstisch und zieht Bilanz:

„Verhindern konnten wir das wahllose Sammeln der Handynummern aller Uploader:innen auf Erwachsenenplattformen, welches aufgrund absehbarer Datenhacks und Leaks die Privatsphäre der Nutzer und die Sicherheit von Sexarbeiter:innen gefährdet hätte. Auch Löschpflichten für Suchmaschinen konnten wir verhindern.“

„Minderjährige werden vor Überwachungswerbung geschützt. Stark verwässert wurde aber das Verbot, sensible Persönlichkeitsmerkmale wie die politische Meinung, Krankheiten oder sexuelle Vorlieben eines Nutzers zur gezielten Manipulation und Ansprache zu nutzen.“ Die neuen Regeln zur personenbezogenen Werbung werden für alle Onlineplattformen mit Nutzerinhalten wie Facebook, Instagram oder eBay gelten, nicht aber für Internetportale mit selbst erstellten Inhalten wie Nachrichtenwebseiten.

„Die Bezeichnung ‚Digitales Grundgesetz‘ verdient das neue Regelwerk insgesamt nicht, denn der enttäuschende Deal versagt vielfach beim Schutz unserer Grundrechte im Netz. Unsere Privatsphäre im Netz wird weder durch ein Recht auf anonyme Internetnutzung noch durch ein Recht auf Verschlüsselung, ein Verbot von Vorratsdatenspeicherung oder ein Recht zur Ablehnung von Überwachungswerbung im Browser (Do not track) geschützt. Die freie Meinungsäußerung im Netz wird nicht vor fehleranfälligen Zensurmaschinen (Uploadfilter), willkürlicher Plattformzensur sowie grenzüberschreitenden Löschanordnungen aus illiberalen Mitgliedsstaaten ohne Richterbeschluss geschützt, so dass völlig legale Berichte und Informationen gelöscht werden können. Die Monopolmacht verbraucherfeindlicher sozialer Medien wie Facebook, Instagram und Twitter wird nicht durch Interoperabilitätspflichten gebrochen. Und die aufmerksamkeitsheischenden Konzernalgorithmen, die uns im Profitinteresse vorzugsweise Hass, Gewalt und Falschinformationen aussetzen, bleiben alternativlos. Industrie- und Regierungsinteressen haben sich leider gegen digitale Bürgerrechte durchgesetzt.“

Zukunft des NetzDG

Der Digital Services Act wird das deutsche NetzDG ablösen. Hier die wichtigsten Änderungen:

VergleichNetzDG (bisher)Digital Services Act (künftig)
Anwendungsbereichsoziale Netzwerke ab 2 Mio. deutsche NutzerOnlineplattformen zum Teilen nutzergenerierter Inhalte (ohne Schwellenwert)
Löschpflicht nach Meldungeinzelner Straftatenjeglicher illegaler Inhalte
PrüfungsumfangLöschpflicht, wenn rechtswidrig (Vollprüfung)Löschpflicht, wenn Rechtswidrigkeit ohne detaillierte rechtliche Prüfung erkennbar
Löschfrist24 Stunden in offensichtlichen Fällen, sonst 7 Tageunverzüglich
Beschwerden gegen Löschung und Schlichtungmöglichmöglich
Pflicht zur Strafanzeigebestimmte StraftatenVerdacht einer gegenwärtigen oder vergangenen Bedrohung des Lebens oder der Sicherheit einer Person