Change language: Deutsch
Teilen:

„Die Wohnungskrise ist längst da“: Schleswig-Holstein braucht jährlich 16.000 neue Wohnungen | shz.de [extern]

Presseberichte Wirtschaft und Verkehr

Es wird eng im Norden. Nach einer neuen Prognose des Statistikamtes hält der Neubau von Wohnraum nicht mit dem Anstieg der Einwohnerzahlen Schritt. Prognostizierten die Statistiker noch vor zwei Jahre – also vor der Flüchtlingswelle –, dass 2020 rund 2,85 Millionen zwischen Nord- und Ostsee leben werden, gehen sie nach der jüngsten Prognose von 2,9 Millionen aus – also knapp 50.000 Einwohnern mehr. Überdurchschnittlich hoch ist der Neubaubedarf in den Oberzentren Kiel, Neumünster und Flensburg sowie im Mittelzentrum Wedel und im Hamburger Umland. Der geringste Neubaubedarf an Geschosswohnungen besteht dagegen im Umland der Mittelzentren von Mölln und Eckernförde sowie in den zentrumsfernen Gemeinden des Kreises Pinneberg.Insgesamt werden bis 2030 in Schleswig-Holstein rund 154.000 Wohnungen zusätzlich benötigt. Das entspricht gut 10.000 Wohnungen pro Jahr. Die Hälfte dieser Wohnungen wird allerdings bereits bis 2019 benötigt. Entsprechend müssten in diesen Zeitraum jährlich knapp 16.000 statt wie geplant 10.000 Einheiten auf den Markt kommen.
Die Prognose zeigt die Bevölkerungsentwicklung bis 2030. Foto: sh:z-Grafik Yalim

Das Kieler Innenministerium erklärt dazu: „Die Prognose zeigt, dass wir insgesamt in den kommenden Jahren noch mehr Wohnungen benötigen als bislang angenommen. Unser aktuelles Förderprogramm in einer Gesamthöhe von 760 Millionen Euro schafft bereits sehr gute Rahmenbedingungen, um Wohnraum zu schaffen.“ Mittel aus mehreren Programmen seien kürzlich zusammengefasst worden, um noch flexibler reagieren zu können. „Diesen Weg gilt es weiter zu gehen. Ich bin sicher, dass der Wohnungsbau ein wichtiges Thema der kommenden Legislatur sein wird“, erklärte Innenminister Stefan Studt. Den Piraten im Landtag ist das zu dürftig. „Die Wohnungskrise droht nicht nur irgendwann, sie ist längst da“, erklärt Fraktionschef Patrick Breyer. 98 Prozent der in Kiel neu gebauten Wohnungen seien für Einkommensschwächere nicht bezahlbar. Das Ministerium „scheint völlig überfordert und kleckert durch Neubauförderung mit der Gießkanne“, so sein Vorwurf. Sein Vorschlag: Es sollte schleunigst geprüft werden, ob das Land die Neugründung kommunaler Wohnungsunternehmen unterstützen kann. Zudem fordert Breyer, dass den Kommunen nach Hamburger Vorbild auch ein Verbot des Leerstehenlassens, Verfallenlassens und der Zweckentfremdung von Wohnraum in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt ermöglicht wird. Allein durch Neubau von Geschosswohnungen ist nach Ansicht von Alexander Blažek, Chef von Haus & Grund Schleswig-Holstein, das Problem nicht zu lösen. In den betroffenen großen Städten und im Hamburger Umland sei das Bauland zu knapp. „Intelligente Lösungen wie der Dachgeschoss-Ausbau und die Umwandlung leer stehender Büro- und Geschäftsräume zu Wohnungen würden kurzfristig schneller für Abhilfe sorgen“, meint Blažek. Landeswohnungsbaugesellschaften könnten Bauland auch nicht aus dem Hut zaubern. Zudem sei das Problem hausgemacht: Land und Städte hätten ihre Wohnungsunternehmen vor Jahren versilbert, um Kassen zu machen. „Wir brauchen keine neuen Wohnsilos auf der grünen Wiese“, sagte Blažek zu den Plänen, die Neubaubegrenzungen für die Kommunen zu lockern. Trabantenstädte aus den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts machten aktuell noch genug Probleme. Ghettobildung sei das Stichwort, auch diesbezüglich aus Fehlentwicklungen für die Zukunft die richtigen Schlüsse zu ziehen. „Wer Wohnraum fordert, muss die Neubaukosten senken“, forderte Blažek abschließend. Kostentreiber seien nach wie vor die Grunderwerbsteuer mit 6,5 Prozent und unnötige kommunale Auflagen wie teure Tiefgaragenstellplätze.
zur Startseite

von Margret Kiosz
erstellt am 21.Mär.2017
| 06:30 Uhr
Gefällt Ihnen dieser Beitrag? Dann teilen Sie ihn bitte in den sozialen Medien – und folgen uns auch auf Twitter und Facebook:Let’s block ads! (Why?)