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Datenmissbrauch durch Polizeibeamte in Schleswig-Holstein

Allgemein

Auf unseren Antrag hat die Landesregierung einen Bericht über Datenmissbrauch durch Polizeibeamte für nicht-dienstliche Zwecke vorgelegt (siehe auch das Anhörungsprotokoll). Folgende Fälle wurden allein im Jahr 2012 bekannt:

  1. Mehrfach wurden polizeiliche Ermittlungsvorgänge gegen die eigene Person oder gegen Verwandte eingesehen.
  2. Ein Polizeibeamter sah aus Neugier polizeiliche Vorgänge aus seiner Nachbarschaft ein, von denen er gerüchteweise erfahren hatte.
  3. Schriftverkehr per Mail im Nachgang zu einem Widerspruchsbescheid wurde an die Poststelle des Arbeitgebers des Betroffenen gesandt.
  4. Nach Informationen der SHZ vom 17.11.2012 soll eine Polizeibeamtin den “Hells Angels” zu Kfz-Kennzeichen die Anschrift von verfeindeten “Bandidos” übermittelt haben. Dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
  5. Nach einem Bericht der Kieler Nachrichten vom 08.08.2012 habe ein Beamter der Kriminalpolizei aus Neumünster seine dienstlichen Befugnisse missbraucht, um Belastungsmaterial für seinen privaten Rechtsstreit gegen einen lästigen Mieter zu beschaffen. Unter Vorspiegelung eines dienstlichen Anlasses habe der Polizeibeamte erfolgreich Daten über das Zahlungsverhalten seines Mieters bei dessen Netzbetreiber angefordert. Inzwischen sei ein Strafbefehl wegen Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz ergangen. Dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
  6. Laut Kieler Nachrichten durchforstete ein Beamter Dateien, um Munition im Sorgerechtsstreit mit seiner Ex-Frau zu sammeln.

Insgesamt wurden 2012 acht Missbräuche rechtskräftig festgestellt. Das Problem: Es gibt keine Stichprobenkontrollen. Kontrolliert wird nur, wenn ein Datenmissbrauch auffällt oder angezeigt wird. Ich fände es gut, wenn einmal eine zufällige Stichprobe von vielleicht 50 Abfragen daraufhin überprüft würde, ob sich ein dienstlicher Anlass belegen lässt. Das bayerische Datenschutzbeauftragte hat dies einmal mit erschreckenden Ergebnissen getan (bei vielen Abfragen war kein dienstlicher Anlass zu ergründen oder lag eindeutig eine private Motivation vor).
Selbst wenn ein Datenmissbrauch auffällt, erfahren die Betroffenen davon nicht in jedem Fall. Begründung des Absehens von einer Benachrichtigung: „Eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechte oder schutzwürdigen Interessen der Betroffenen durch diese geschilderten Sachverhalte war nicht erkennbar.“ Zwar werde darauf geachtet, die Betroffenen im Bußgeldverfahren als Zeugen anzuhören. Nicht wenige Bußgeldverfahren werden jedoch vor ihrem Abschluss eingestellt.
Das Unabhängige Landesdatenschutzzentrum beanstandet, dass Datenzugriffe durch den zuständigen Sachbearbeiter und seine Vorgesetzten rechtswidrig nicht protokolliert werden. Datenmissbrauch ist durchaus auch durch Personen möglich, die berechtigten Zugriff haben, etwa eine Verfälschung von Daten. Auch die Suche nach Vorgängen wird wohl nicht protokolliert. Immerhin will der Innenminister dies nun prüfen.
Auf der anderen Seite loben die Datenschützer, dass Verstöße bei der Polizei konsequent verfolgt würden. Dass die anderen Ministerien auf meine Anfrage keine Fälle von Datenmissbrauch gemeldet haben, erscheine unplausibel. Hier sei von einer Dunkelziffer auszugehen.
Die Ahnung von Verstößen mit einem Bußgeld schließt Disziplinarmaßnahmen und weitere Folgen im Regelfall aus.
Erreichen konnten wir die Zusicherung des Innenministers, man werde die Einführung einer Anomalieerkennung prüfen, um missbräuchliche Zugriffe auf Polizeidatenbanken häufiger erkennen zu können.
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