Chatkontrolle heute im EU-Parlament, morgen vor Gericht
Der EU-Innenausschuss hat heute grünes Licht für eine Verlängerung der umstrittenen Chatkontrolle durch US-Internetkonzerne bis 2025 gegeben. Ein Ablehnungsantrag (S. 3) wurde nur von Piraten, Grünen, Linke und FDP unterstützt, insgesamt jedoch mit den Stimmen von CDU, SPD und AfD zurückgewiesen (S. 2). Gibt das EU-Parlament insgesamt in einer Plenarabstimmung nächste Woche grünes Licht, will das Parlament sich mit dem Rat noch im Februar einig werden.
Morgen wird vor dem Landgericht Kiel die Klage des profiliertesten Kritikers der Chatkontrolle, des Europaabgeordneten Dr. Patrick Breyer von der Piratenpartei verhandelt. Breyer verklagt Meta als Mutterkonzern von Facebook und Instagram, der für 80% der ausgeleiteten Chats und Privatfotos verantwortlich ist, auf Unterlassung. Meta hat vor Gericht versprochen, die Chatkontrolle in Direktnachrichten auf Facebook und Instagram einzustellen und sichere Ende-zu-Ende-Verschlüsselung einzuführen, jedoch ist dieses Versprechen bis heute nicht eingelöst.
Kläger Patrick Breyer kommentiert:
„Es macht mich wütend, dass sich US-Konzerne mithilfe fehleranfälliger Verdächtigungsmaschinen zum Privatkontrolleur unserer persönlichen Nachrichten aufschwingen wollen. Diese Anmaßung lässt jeden Respekt vor dem digitalen Briefgeheimnis vermissen. Unsere ohnehin überlasteten Ermittler mit vielfach falschen Maschinendenunziationen zu überfluten, hat mit Effizienz nichts zu tun. Folge ist vor allem die Kriminalisierung Jugendlicher wegen unbedachter Chatnachrichten – so wird das Gegenteil von Kinderschutz erreicht.
Selbst intimste Nacktfotos und Sex-Chats können plötzlich bei zweifelhaftem und unterbezahltem Unternehmenspersonal oder der Polizei landen. Nach meinen Informationen war der Anteil der aus den USA geleakten Chatnachrichten und Privatfotos, die vom BKA als strafrechtlich völlig irrelevant eingestuft wurden, im letzten Jahr so hoch wie noch nie. Wer das digitale Briefgeheimnis zerstört, zerstört Vertrauen. Auf Sicherheit und Vertraulichkeit privater Kommunikation sind wir alle angewiesen: Menschen in Not, Missbrauchsopfer, Kinder, die Wirtschaft und auch Staatsbehörden.
Organisierte Kinderporno-Ringe benutzen keine E-Mails oder Messengerdienste, sondern abgeschottete selbst betriebene Foren. Dass Strafverfolger sich weigern, bekanntes Ausbeutungsmaterial löschen zu lassen, ist ein Skandal. Was wir brauchen, ist Löschen statt Schnüffeln!
Als Piratenabgeordneter werde ich nicht nur nächste Woche eine Plenarabstimmung über die heutige Fehlentscheidung des EU-Parlamentsausschusses erwirken, ich will die illegale Chatkontrolle vor Gericht stoppen lassen!“
Das Landgericht Kiel verhandelt Breyers Klage morgen in öffentlicher Sitzung ab 09:30 Uhr (Az. 13 O 40/23).
Breyers Informationsportal zur Chatkontrolle
Ergänzung vom 01.02.2024: Vor dem Landgericht Kiel wurde Breyers Klage heute verhandelt. Meta weigerte sich, sich zu verpflichten, die Chatkontrolle auch künftig zu unterlassen. Das Gericht will zunächst die Zulässigkeit der Klage klären. Es hat für den 27. März eine Entscheidung angekündigt.