Chatkontrolle: EU-Bürgerbeauftragte kritisiert Drehtürwechsel von Europol-Beamten zu Chatkontrolle-Lobbyist Thorn
Die scheidende EU-Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly hat es auf die Beschwerde des ehemaligen Europaabgeordneten der Piratenpartei Patrick Breyer als “Missstand” bewertet, dass ein Europol-Beamter trotz potenzieller Interessenskonflikte ohne jegliche Auflagen zum Chatkontrolle-Dienstleister Thorn wechseln und zuvor noch zwei Monate bei Europol in derselben Funktion weiter arbeiten durfte. “Europol hat es versäumt, den oben genannten Interessenkonflikt zu lösen, wodurch die Integrität und Unparteilichkeit seiner Maßnahmen gefährdet wurden”, heißt es in der Entscheidung der Bürgerbeauftragten. Der Beamte hatte bei Europol an einem KI-Pilotprojekt zur CSAM-Erkennung gearbeitet und war nach seinem Wechsel beim Bundestag als Lobbyist für Thorn registriert und fuhr in seiner neuen Funktion zu einem Europol-Treffen mit seinen ehemaligen Kollegen für eine Produktpräsentation. Europol verspricht ab 2025 nun zusätzliche Maßnahmen zur Vorbeugung von Interessenskonflikten wie Versetzungen, veränderte Aufgaben und den Einzug von Informationszugang für wechselwillige Mitarbeiter.
Breyer begrüßt das Ergebnis: „Wenn ein ehemaliger Europol-Bediensteter sein internes Wissen und seine Kontakte verkauft, um ihm persönlich bekannte Mitarbeiter der EU-Kommission zu lobbyieren, ist dies genau das, was es zu verhindern gilt. Seit der Enthüllung des ‘Chatcontrol-Gate‘ wissen wir, dass der EU-Vorschlag zu Chatkontrolle letztlich ein Produkt der Lobby eines internationalen überwachungsbehördlich-industriellen Komplexes ist. Damit so etwas nie wieder passiert, muss der Überwachungslobbysumpf trockengelegt werden.“
Hinweis: Die Entscheidung der EU-Bürgerbeauftragten ist hier abrufbar. Der hochkontroverse EU-Vorschlag zur Chatkontrolle steckt fest, weil es weder für die Aufhebung des digitalen Briefgeheimnisses und die Zerstörung sicherer Verschlüsselung eine qualifizierte Mehrheit unter den EU-Staaten gibt noch eine Mehrheit für die Streichung der Chatkontrolle aus dem Vorschlag.