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CDU und SPD verlängern freiwillige Chatkontrolle durch Big Tech-Konzerne

Europaparlament Freiheit, Demokratie und Transparenz Pressemitteilungen

Das EU-Parlament hat heute grünes Licht für eine Verlängerung der umstrittenen Chatkontrolle durch US-Internetkonzerne bis 2025 gegeben. Dagegen stimmten Piraten, Linke, FDP, Grüne, AfD und zwei SPD-Abgeordnete, während CDU und fast alle SPD-Abgeordneten zustimmten. Das Parlament will sich mit dem Rat noch in der nächsten Woche einig werden, um die Verlängerung im Schnellverfahren noch vor der Europawahl zu verabschieden.

Dr. Patrick Breyer, der Klage gegen die eigenmächtige Chatkontrolle durch Meta eingereicht hat, kommentiert:

„Die Verlängerung der freiwilligen Chatkontrolle ist ein schwerer Fehler: Statt den neuen Vorschlag des EU-Parlaments zu einem wirksameren und gerichtsfesten Kinderschutz ohne Chatkontrolle durchzusetzen, hat EU-Kommissarin ‚Big Sister‘ Johansson jetzt Zeit, Mehrheiten für die verpflichtende Chatkontrolle 2.0 zur Zerstörung des digitalen Briefgeheimnisses zu finden und kritische EU-Staaten mit infamen Kampagnen und Falschinformationen zur Zustimmung zu manipulieren. Der Streit um die Dauer der Verlängerung ist bedeutungslos, weil nach diesem Präzedenzfall beliebig erneut verlängert werden wird.

Die freiwillige Massenüberwachung unserer persönlichen Nachrichten und Fotos durch US-Dienste wie Meta, Google oder Microsoft leistet keinen signifikanten Beitrag zur Rettung missbrauchter Kinder oder Überführung von Missbrauchtätern, sondern kriminalisiert umgekehrt tausende Minderjähriger, überlastet Strafverfolger und öffnet einer willkürlichen Privatjustiz der Internetkonzerne Tür und Tor. Wenn nach Johanssons eigenen Angaben im Dezember nur jede vierte Meldung überhaupt für die Polizei relevant ist, bedeutet das für Deutschland Jahr für Jahr 75.000 ausgeleitete intime Strandfotos und Nacktbilder, die bei unbekannten Moderatoren im Ausland nicht sicher sind und in deren Händen nichts zu suchen haben.

Die Verordnung zur freiwilligen Chatkontrolle ist sowohl unnötig als auch grundrechtswidrig: Die sozialen Netzwerke als Hostingdienste brauchen zur Überprüfung öffentlicher Posts keine Verordnung. Dasselbe gilt für Verdachtsmeldungen durch Nutzer. Und die fehleranfälligen automatisierten Meldungen aus der Durchleuchtung privater Kommunikation durch Zuckerbergs Meta-Konzern, die 80% der Chatmeldungen ausmachen, werden durch die angekündigte Einführung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ohnehin entfallen. Das Rechtsgutachten einer ehemaligen EuGH-Richterin belegt, dass die freiwillige Chatkontrolle als verdachtslose und flächendeckende Überwachungsmaßnahme grundrechtswidrig ist. Ein Missbrauchsbetroffener und ich klagen dagegen.“

Breyers Informationsportal zur Chatkontrolle