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Anonymität im Netz: Handlungsbedarf nach BGH-Urteil zu Identifizierungs- statt Klarnamenspflicht

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Nach einem heute verkündeten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) muss das US-Netzwerk Meta (vormals Facebook) akzeptieren, dass Nutzer:innen Pseudonyme nutzen und nicht mit ihrem richtigen Namen auf der Plattform sichtbar sind. Eine bisherige Pflicht zur Verwendung des sogenannten Klarnamens sei unwirksam, entschied der BGH heute in Karlsruhe. Zulässig sei demgegenüber die Identifizierungspflicht des Meta-Konzerns, nach der Nutzer sich namentlich registrieren müssten. Nach dem neuen § 19 TTDSG gilt das Urteil auch für neuere Fälle.

Der Europaabgeordnete Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei), der sich in den Verhandlungen zum Digitale-Dienste-Gesetz als Berichterstatter des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) für das Recht auf Anonymität im Netz einsetzt, kommentiert:

„Nur Anonymität schützt uns wirksam vor Hacking, Bedrohung, Mobbing, Stalking und Benachteiligung im Netz. Alleine dass der Klarname von sozialen Netzwerken nicht mehr zwangsveröffentlicht werden darf, schützt nicht wirksam vor Missbrauch. Erfahrungsgemäß ist es nur eine Frage der Zeit, bis interne Daten bei Internetanbietern gehackt oder geleakt werden und in den Händen Krimineller landen. Erst letztes Jahr sind über 500 Millionen Handynummern von Facebook/Meta geleakt worden, was Cyberkriminalität Vorschub leistet. Eine verdachtslose Zwangsidentifizierung auf Vorrat ist auch als Vorsorge für den Fall etwaiger Rechtsverstöße unverhältnismäßig, weil eine gezielte Identifizierung im Verdachtsfall ausreicht, etwa durch die Login-Falle. Auch wenn die genaue Begründung dieses Urteils noch aussteht, ist jetzt schon klar, dass es in diesem Punkt korrekturbedürftig ist.“

Großteil der EU-Bürger:innen wünscht sich ein Recht auf Anonymität im Internet

Weil das Recht auf Anonymität bisher nur in Deutschland ausdrücklich verbrieft ist, fordert das Europäische Parlament seit letzter Woche eine Verankerung im künftigen Digital Services Act. Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes YouGov hatte kürzlich ergeben, dass sich ein Großteil der Internetnutzer:innen wünscht (64% der Befragten in neun EU-Staaten), ein Recht darauf bekommen, digitale Dienste nach Möglichkeit anonym, d. h. ohne Erfassung ihrer persönlichen Daten, zu nutzen.