Volksbegehren für Wasserschutz und Unternehmenstransparenz im Norden kommt
Gestern hat die Kieler Regierungskoalition den mit der Volksinitiative zum Schutz des Wassers abgestimmten Gesetzentwurf zur Änderung des Informationszugangsgesetzes ohne Rücksprache mit den Vertrauenspersonen überraschend durch eine wert- und bedeutungslose Placebo-Gesetzesänderung ersetzt.
„Eine Volksinitiative mit mehr als 42.000 Unterschriften soll schlicht ignoriert werden“, verurteilt Dr. Reinhard Knof (Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager und Vertrauensperson der Volksinitiative) den Schritt. „Damit haben sich die Kräfte durchgesetzt, die gegen mehr Transparenz, beispielsweise in Fällen von Korruption, sind. Die Weigerung, Behörden bei überwiegendem öffentlichen Interesse und nach Anhörung der Betroffenen eine Veröffentlichung von Informationen zu erlauben, stellt einen neuen Tiefpunkt antidemokratischen Verhaltens der Landtagsmehrheit dar. Mit dieser Entscheidung hat der Landtag den Weg zu einem Volksbegehren zur Erreichung der Ziele der Volksinitiative zum Schutz des Wassers vorgegeben.“
Demnächst wird die Sammlung von 80.000 erforderlichen Unterschriften für einen Volksentscheid beginnen. Dies wäre seit 10 Jahren der erste Volksentscheid in Schleswig-Holstein.
Im Bereich Unternehmenstransparenz will das Volksbegehren Schleswig-Holsteins Kommunen und Behörden zukünftig rechtssicher erlauben, im überwiegenden öffentlichen Interesse auch ohne konkrete Anfrage Informationen beispielsweise der folgenden Art weiterzugeben oder zu veröffentlichen, die bisher als „Geschäftsgeheimnisse“ geheim gehalten werden:
- Beantragte Ölbohrungen einschließlich des betroffenen Gebiets und des beabsichtigten Einsatzes der Fracking-Methode
- Meldung gelagerter bzw. geförderter Gefahrenstoffe an Kommunen, Rettungsdienste, Krankenhäuser und Feuerwehren zur Vorbereitung auf Katastrophenfälle
- Veröffentlichung mutmaßlicher Korruptionsfälle bei Baugenehmigungen, Grundstücksverkäufen oder Auftragsvergaben
Im Bereich Wasserschutz will das Volksbegehren erreichen:
- besserer Schutz vor Verpressung wassergefährdenden Flowbacks bei Ölbohrungen
- Zuständigkeit unserer Kreise für den Schutz des Wassers bei Bohrungen (bisher: niedersächsisches Bergamt)
- sofortiger Bohrstopp bei unerwartetem Wasserfund
- Haftung von Ölkonzernen für Schäden
Die Koalition ist in diesen Punkten über Versprechungen bisher nicht hinaus gekommen.
Hintergrund
Über 42.000 Unterschriften sammelte die Volksinitiative zum Schutz des Wassers bereits, die u.a. von BUND, attac, der Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager und der Piratenpartei Schleswig-Holstein getragen wird. Für einen Volksentscheid müssen innerhalb von sechs Monaten erneut 80.000 Unterschriften gesammelt werden. Der Landtagspräsident legt fest, wann die Sammlung innerhalb der nächsten 4-8 Wochen beginnt.
Im Herbst entscheidet das Landesverfassungsgericht über die weitere Forderung der Volksinitiative, Fracking landesweit zu verbieten.
In Schleswig-Holstein hat es schon 98 bekannt gewordene Schadensfälle durch die Erdölförderung gegeben, bei denen Boden, Wasser und Umwelt geschädigt wurden.
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