Initiative zur Stärkung der Freiheit und der Privatsphäre im Internet
Auf unserer öffentlichen Fraktionssitzung in Eckernförde haben wir diskutiert, ob wir einen Gesetzentwurf zur Stärkung der Freiheit und der Privatsphäre im Internet anstoßen wollen. Es geht einerseits um eine Eindämmung der überzogenen Störerhaftung (z.B. bei offenen WLAN-Zugängen) und andererseits um einen deutlich verbesserten Schutz vor Datensammlung und Überwachung im Internet.
Der erste Entwurf eines entsprechenden Entschließungsantrags liegt nun vor (pdf, odt).
Aus der Begründung des Entwurfs:
Die richterrechtlich entwickelte Störerhaftung sowie die daraus abgeleiteten Überwachungs- und Kontrollpflichten schränken die Verfügbarkeit öffentlicher Internetzugänge (WLAN-Hotspots) unzumutbar ein und behindern damit die Entwicklung der telekommunikativen Infrastruktur in Schleswig-Holstein und anderen Ländern. Im Bereich von Telemediendiensten führt die Störerhaftung zu ungenauen Filterungen, Löschungen und Sperrungen im Internet und beeinträchtigt damit die Meinungs- und Informationsfreiheit der Nutzer unzumutbar. Telemedienanbieter reagieren teilweise mit einer Abwanderung in Staaten mit ausgewogeneren Haftungsregelungen, was die wirtschaftliche Entwicklung Schleswig-Holsteins und anderer Länder schädigt. Vor diesem Hintergrund ist eine deutliche Eindämmung der Störerhaftung dringend geboten.
Wegen stets wiederkehrender Fälle von Datenverlust, Datendiebstahl und Datenmissbrauch („Datenskandale“) haben die Bürger geringes Vertrauen in die Sicherheit ihrer Daten im Internet und fordern eine Stärkung des Datenschutzes. Effektivere Schutzvorkehrungen sind Voraussetzung für die Bereitschaft der Bürger zur verstärkten Inanspruchnahme von Internetdiensten. Wegen der überdurchschnittlichen Datenschutzkompetenz der schleswig-holsteinischen Wirtschaft könnte gerade diese von einer Fortentwicklung der Regeln zum Schutz der Privatsphäre im Internet profitieren.
Schon vor Jahren haben Datenschutzverbände, Bürgerrechtsorganisationen und Verbraucherzentrale ausformulierte und eingehend begründete Vorschläge zur Stärkung der Freiheit und der Privatsphäre im Internet vorgelegt (http://www.daten-speicherung.de/?p=996, aktualisierte Fassung 2012: http://www.daten-speicherung.de/wp-content/uploads/Forderungen_Telemedienrecht_2012.pdf). Angelehnt an diese Vorschläge soll die Landesregierung über den Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Stärkung der Freiheit und der Privatsphäre im Internet einbringen.
Im Einzelnen soll der Antrag wie folgt lauten:
Der Landtag ersucht die Landesregierung, einen Gesetzentwurf zur Stärkung der Freiheit und der Privatsphäre im Internet zu erarbeiten und in den Bundesrat einzubringen, der die folgenden Eckpunkte umsetzt:
- Erstreckung der Haftungsbegrenzungen des Telemediengesetzes auf Telekommunikationsdienste (z.B. offene Internetzugänge);
- Anbieter von Durchleitungs- und Speicherdiensten sind zur Entfernung oder Sperrung fremder Informationen wegen angeblicher Verletzung privater Rechte nur verpflichtet, wenn der Anspruchsteller eine entsprechende (vorläufig) vollstreckbare Gerichtsentscheidung vorlegt; die Diensteanbieter sind von den Kosten der erstinstanzlichen gerichtlichen Prüfung freizuhalten (Schutz der Meinungs- und Informationsfreiheit im Netz);
- Anbieter von Durchleitungs- und Speicherdiensten müssen keine Rechtsverletzungen verhindern, für die sie nicht verantwortlich sind (Begrenzung der „Störerhaftung“); Diensteanbieter müssen nur bereits vorhandene rechtsverletzende Inhalte entfernen oder sperren und nicht mögliche zukünftige rechtsverletzende Inhalte, von denen sie keine Kenntnis haben (Ausschluss privatpolizeilicher Überwachungspflichten);
- Erstreckung des Fernmeldegeheimnisses auf die Nutzung von Telemediendiensten (Telemediennutzungsgeheimnis); Offenlegung von Informationen über den Inhalt der persönlichen Internetnutzung gegenüber Behörden nur unter den Voraussetzungen, die für das Abhören von Telefonen gelten;
- Klarstellung, dass der gesetzliche Datenschutz auch für Internet-Protokolladressen gilt, die von Telemedienanbietern gesammelt werden;
- Verbot der Erstellung von Nutzerprofilen ohne Einwilligung des Nutzers;
- Umsetzung der europäischen Regelung zum Schutz vor Ausspionieren des Nutzers durch „Spyware“, „Web-Bugs“ usw.;
- Information der Nutzer über die Dauer der Aufbewahrung ihrer Daten;
- Stärkung des Rechts auf anonyme Internetnutzung durch ein wirksames Koppelungsverbot;
- Schutz der Nutzer vor unangemessenen Datenverarbeitungs-Einwilligungsklauseln, indem klargestellt wird, dass derartige Klauseln der gerichtlichen Angemessenheitskontrolle (AGB-Kontrolle) unterliegen.
Verbesserungsvorschläge sind willkommen.
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